HEYES Woche: Potsdam lernt tanzen
Uwe-Karsten Heye freut sich über ein lebendiger werdendes Potsdam
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Potsdam in Bewegung, eine Stadt lernt tanzen. Welch ein Gewinn ist das, was sich da am Strand des Tiefen Sees tut. Die Tanzfabrik, Galerien, das Hans-Otto-Theater, das Waschhaus: ein ganzes Knäuel positiver künstlerischer Energieträger versammelt sich da rund um die Schiffbauergasse. Die Dynamik dieses vielgesichtigen kulturellen Zentrums strahlt schon jetzt weit über die Stadtgrenze aus. Dort kann wachsen und gedeihen, was über die preußische Prachtkulisse Potsdams hinaus weist. So gibt es auch einen regen Kunstverein, der sich ebenfalls bemüht, zeitgenössische Kunst in Potsdam zu zeigen. Viele Blumen blühen, und dazu, dass sie auch sichtbar werden können, könnte so etwas ganz Kleines wie die Werbesatzung der Stadt beitragen. Sie soll wohl künftig weniger restriktiv gehandhabt werden, damit auch kleinere Kulturträger Möglichkeiten der Präsentation ihrer Veranstaltungen auf noch verbotenen Werbeflächen bekommen, auf Laternenmasten zum Beispiel. Es ist ja ein gut gehütetes Geheimnis, wie lebendig die Hauptstadt tatsächlich ist. Natürlich werden der Alte Fritz, die Schlösser und Gärten auch künftig Hauptanziehungspunkt des touristischen Potsdam bleiben. Dessen neue alte Mitte mit dem wiedererstehenden Stadtschloss wird ebenfalls dazu beitragen. Hoffentlich wird es keine öde Politmeile, die nur während der Tagungswochen des Landtages von gewichtigen Mandatsträgern belebt wird. Schon das Filmmuseum im alten Marstall beweist ja, dass sich historische Architektur wunderbar mit Neuem verbinden lässt, hier mit dem Filmstudio Babelsberg – auch schon ein Klassiker, der auf ein Jahrhundert Kintopp zusteuert. Damit der Alte Fritz mit seinem 300. Geburtstag im Jahr 2012 nicht alles andere unter barockem Plüsch begräbt, sind rechtzeitig Reflektion und koordiniertes Handeln gefragt, damit das alte und das neue Potsdam in einen fruchtbaren und Aufsehen erregenden Dialog treten. Dazu können 100 Jahre Studio Babelsberg, mit allen notwendigen Hinweisen darauf, wie sehr auch Film unter die Fuchtel autoritärer Regime geraten konnte, und das Erbe des aufgeklärten Preußens zu einem ganz eigenem und ganz diesseitigem Ereignis verknüpft werden. Etwas sehr Lebendiges und gar nicht Verstaubtes könnte dabei entstehen. Das neu zu formulierende Potsdamer Edikt gibt schon ein paar Hinweise, wo die Brücken dafür zu bauen wären. Guten Bürgersinn werden wir brauchen.
Uwe-Karsten Heye schreibt an dieser Stelle regelmäßig für die PNN. Unser Autor war Redenschreiber bei Willy Brandt und Regierungssprecher von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder. Heute lebt Heye mit seiner Familie in Babelsberg und arbeitet dort als Autor und Publizist.
Uwe-Karsten Heye
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