Sport: Potsdam, Luzern und eine Überraschung
Interview mit Lutz Henrich und Anne Pichler, dem Vorsitzenden und der Geschäftsführerin des Stadtsportbundes
Stand:
Was wünschen Sie sich als Vorsitzender des Stadtsportbundes Potsdam vor allem zu Weihnachten, Lutz Henrich?
Das Bekenntnis des Oberbürgermeisters Herrn Jakobs zu einer neuen Sporthalle mit genügend Zuschauerkapazität in Potsdam. Wenn er dem noch vor Heiligabend zustimmen und der Bau im kommenden Jahr beginnen würde, dann wäre das eine tolle Sache.
Worüber würde sich die Stadtsportbund- Geschäftsführerin freuen, Anne Pichler?
Darüber, dass die relativ günstigen Bedingungen zur Nutzung der städtischen Sportstätten bestehen bleiben. Und dass in den Programmen, mit denen die Parteien im nächsten Jahr in die dann anstehenden Kommunalwahlen gehen, der Sport den ihm angemessenen Platz einnimmt.
Wo drückt noch der Schuh?
Lutz Henrich: Wir sind daran interessiert, die Sportvereine finanziell zu unterstützen, damit sie die Kinder und Jugendlichen beim Sporttreiben ordentlich betreuen zu können. Wir möchten den Vereinen aber auch bei der Ausrichtung eigener Veranstaltungen helfen, um den Potsdamer Bürgern attraktive Sportveranstaltungen zu bieten. Hier sind uns ganz enge Grenzen gesetzt.
Die Sportförderung der Landeshauptstadt wurde 2007 gegenüber dem Vorjahr von 161 100 auf 172 100 Euro erhöht, lag aber deutlich unter den in den Jahren davor geleisteten 179 000 Euro. Wie sind Sie damit klar gekommen?
Lutz Henrich: Wie bisher ging das von der Stadt erhaltene Geld vor allem in die Kinder- und Jugendarbeit. Etwa ein Drittel aller Anträge der Vereine zur finanziellen Unterstützung konnten wir aber nicht berücksichtigen, weil die finanzielle Decke zu dünn ist. Das betrifft vor allem Anträge zur Bezuschussung von Sportgeräten, die die Vereine benötigen. Auch in anderen Bereichen mussten viele Abstriche gemacht werden, beispielsweise bei der Unterstützung von Veranstaltungen.
Anne Pichler: Bis 2005 konnten wir die Sportveranstaltungen – gemessen an der Sportfördersatzung der Stadt – finanziell fast maximal unterstützen. Das ist jetzt nicht mehr möglich, die Maximalförderung bekommt niemand mehr. Der Fairness halber muss aber gesagt werden, dass dies auch deshalb so ist, weil sich immer mehr Veranstaltungen in Potsdam etabliert haben, die mittlerweile zur Tradition zählen und die wir deshalb auch für förderwürdig halten und gern unterstützen.
Auf der einen Seite mussten Sie sparen, auf der anderen Seite stellte der Stadtsportbund mehr Zuschüsse an die Übungsleiter bereit.
Lutz Henrich: Das stimmt. Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Vereine, Kinder und Jugendliche zu betreuen. Deshalb belohnen wir jetzt noch stärker als bisher Vereine, die sich mit dem Nachwuchs beschäftigen. Wir haben darum prozentual eine höhere Summe für die Tätigkeit der dafür erforderlichen Übungsleiter zur Verfügung gestellt. Jetzt können wir für zehn Kinder eines Vereins einen Übungsleiter bezuschussen. Das sind natürlich mehr – 662 gegenüber 397 im Jahr 2006. Allerdings muss ein Übungsleiter ein ganzes Jahr eine Kindergruppe betreuen, um dann einen Zuschuss von 35,40 Euro zu erhalten. Das ist unangemessen wenig.
Wissen Sie schon, wie viel Geld die Stadt dem Stadtsportbund 2008 zur Verfügung stellen wird, um Planungssicherheit zu haben?
Anne Pichler: Planungssicherheit gibt es nie. Da Sport eine freiwillige Aufgabe der Stadt ist, erfahren wir grundsätzlich sehr spät etwas über den Haushalt. Wir sammeln zwar alle Anträge der Vereine und bereiten alles vor, aber definitive Aussagen erhalten wir immer erst, wenn der Haushalt genehmigt ist. Wir hoffen, dass die Summe der Sportförderung der Stadt wenigstens konstant bleibt.
Zahlenmäßig konnten Sie 2007 von 20 612 auf 21 597 Mitglieder zulegen, die Anzahl der Vereine erhöhte sich auf 141. Sind Sie mit diesem Organisationsgrad von 14,38 Prozent sporttreibender Bürger zufrieden?
Lutz Henrich: Obwohl wir eine stetig steigende Prozentzahl verzeichnen, können wir nie zufrieden sein. Die Kluft zwischen alten und neuen Bundesländern ist immer noch erheblich. In den alten Bundesländern gibt es viel mehr passive Vereinsmitglieder als hierzulande, damit sind wir hier noch nicht wie gewünscht voran gekommen.
Mit 14,38 Prozent steht Potsdam im Land auf Platz drei.
Lutz Henrich: Wir haben hier durch das Bereitstellen städtischer Sportstätten mit geringen Gebühren günstigere Möglichkeiten zum Sporttreiben als in zahlreichen anderen Kommunen. Dort merkt man, dass Sport für Kinder und Jugendliche immer weniger bezahlbar wird und ein Hemmnis dafür ist, sich einem Sportverein anzuschließen. Insofern haben wir in Potsdam noch recht gute Bedingungen, die wir gern erhalten sehen wollen.
Um diese Bedingungen haben Sie in der Vergangenheit kämpfen müssen.
Lutz Henrich: Ja, und der Beschluss der Stadtverordneten, auf eine höhere Sportstättennutzungsgebühr zu verzichten, war eine politisch ganz wichtige Entscheidung, für die wir jedes Jahr aufs Neue kämpfen werden.
Hat sich die Sportstättensituation in Potsdam in diesem Jahr verbessert?
Anne Pichler: Nein. Eine höhere Auslastung als in den vergangenen Jahren ist fast nicht mehr möglich. Die Sportstättenkommission ist laufend bemüht, hier und da noch Reserven aufzuspüren. Das ist aber nur in wenigen Einzelfällen zu erreichen.
Lutz Henrich: Die Hallensituation ist sehr prekär, wobei die Zusammenarbeit mit der Stadt und ihrem Kommunalen Immobilien-Service jetzt besser als früher klappt. Eine neue Sporthalle würde für deutliche Entspannung sorgen. Zum einen hätten wir die Chance, mal wieder internationale Wettkämpfe wie Handball- oder Volleyball-Länderspiele in Potsdam zu erleben, zum anderen aber hätten wir kontinuierlich über das ganze Jahr zusätzliche Trainingsmöglichkeiten für die Vereine. Wichtig wird sein, dass uns nicht durch Schulschließungen weitere Hallen als Sportstätten verloren gehen.
In diesem Jahr wurden erstmals vier Jugendklubs in den Stadtsportbund aufgenommen. Warum?
Lutz Henrich: Der vielfache Wunsch der Jugendklubs, regelmäßige Übungszeiten für die sportbegeisterten Mädchen und Jungen zu erhalten, war immer umstritten, weil beispielsweise Versicherungsfragen offen blieben. In unsere neue Konzeption, die wir für die Kinder- und Jugendarbeit in Potsdam im Bereich Sport entwickelt haben, konnten wir auch zahlreiche Jugendklubs einbeziehen, die viele Sportveranstaltungen und Wettbewerbe auch untereinander durchführen. Im Fußball beispielsweise und im Volleyball.
Wobei der Stadtsportbund die Kinder- und Jugendarbeit grenzüberschreitend gestaltet. So waren Sie 2007 erstmals in Potsdams Partnerstadt Luzern.
Lutz Henrich: Wir haben uns dort mit 40 Kindern und Jugendlichen an der Olympiade zwischen beiden Partnerstädten beteiligt. Potsdamer und Luzerner bildeten gemischte Mannschaften und haben sich sehr gut verstanden. Diese Olympiade soll alle zwei Jahre stattfinden – das nächste Mal 2009 in Potsdam. Die Vorbereitungen dafür laufen schon.
Bleibt die sportliche Zusammenarbeit zwischen Potsdam und Luzern auf diese Olympiaden beschränkt?
Anne Pichler: Nein. Wir hatten bereits eine Delegation von Fechtern aus Luzern hier bei den Fechtern des OSC Potsdam, die im nächsten Jahr zum Gegenbesuch in die Schweiz fahren werden. Auch die Ringer haben einen regen Austausch, die Ruderer ebenfalls.
Lutz Henrich: Wir werden im kommenden Januar eine besondere Überraschung präsentieren. Es wird wieder um die Städte Potsdam und Luzern und die Einbeziehung breiter Bevölkerungskreise gehen – mehr wollen wir an dieser Stelle aber noch nicht verraten.
Welche Ziele hat der Stadtsportbund für das kommende Jahr?
Lutz Henrich: Wir wollen, um die Zusammenarbeit mit den Vereinen noch weiter zu verbessern, künftig ihre Vorsitzenden oder andere Vertreter regelmäßig direkt in unsere Vorstandssitzungen einladen und ihnen dort die Möglichkeit geben, mit uns über die Probleme ihrer Vereine zu sprechen. Ansonsten bleibt unsere politische Hauptaufgabe natürlich, die Voraussetzungen für ein ordentliches Sporttreiben in der Stadt mit zu gestalten.
Auf welche Sportveranstaltungen in ihrer Stadt können sich die Potsdamer besonders freuen?
Lutz Henrich: Auf unseren Schlösser-Marathon beispielsweise, der sich so positiv entwickelte, wie wir es uns gewünscht haben. Wir hatten in diesem Jahr schon fast dreitausend Teilnehmer und glauben, diese Marke im nächsten Jahr zu knacken. Wir hoffen, dass sich dieser Marathon weiter etabliert; er ist ja nicht nur eine Sportveranstaltung, sondern bedeutet Marketing für die gesamte Stadt.
Anne Pichler: Der sportliche Veranstaltungskalender beginnt am 1. Januar mit dem Neujahrslauf des USV Potsdam und endet am 31. Dezember mit dem Silvesterlauf des Potsdamer Laufclubs. Laufveranstaltungen gibt es wieder das ganze Jahr über, vom Sparkassenlauf Preußenmeile bis zum Sanssouci-Pokal-Nachtlauf um das Holländerviertel. Das Jahr ist dominiert von Läufen, auch Radrennen sind erneut geplant. Vielleicht schaffen wir es, im Triathlon wieder eine größere Veranstaltung zu organisieren. Dazu kommen viele Traditionsveranstaltungen wie die Stabhochsprung-Wettkämpfe, der Kanalsprint, die Wasserspiele.
2008 ist ein Olympiajahr. Kann der Stadtsportbund irgendwie zu Potsdamer Erfolgen in Peking beitragen?
Anne Pichler: Dafür, dass jemand noch besser abschneidet als ohnehin schon, können wir nicht sorgen. Wir können die Sportler nur gemeinsam mit der Stadt, mit dem Olympiastützpunkt und dem Landessportbund motivieren. Es gibt bereits eine entsprechende Koordinierungsgruppe, in der überlegt wird, wie wir das – ähnlich wie vor vier Jahren – schaffen, ohne dass es vorrangig um Geld geht. Es gibt dafür schon einige Ideen, außerdem wird überlegt, was an Public Viewing in Potsdam möglich sein wird.
Zunächst aber wird am 12. Januar beim mittlerweile 10. Stadtsportball wieder tüchtig geschwoft. Was wird dann im Seminaris-Seehotel besonders gefeiert?
Lutz Henrich: Wir wollen uns dort wie in jedem Jahr bei vielen Ehrenamtlichen der Sportvereine, ihren Übungsleitern und Helfern bedanken. Wir freuen uns, dass auch die Sportler der Stadt Potsdam in diesem Jahr zum Motto „Faszination Wasser“ mit ihren großartigen Erfolgen beitragen konnten. Traditionell werden wir in Zusammenarbeit mit den Potsdamer Neuesten Nachrichten wieder die besten Nachwuchssportler des Jahres auszeichnen und zum dritten Mal den Seniorenpreis vergeben.
Das Interview führte Michael Meyer.
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