Interview mit Jann Jakobs: Potsdam setzt auf Integration
Flüchtlinge und Potsdamer sollen Tür an Tür leben, fordert Oberbürgermeister Jann Jakobs. Und 2015 gebe es eine Untersuchung zu den Grenzen des Wachstums der Stadt
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Mit gezielter Integration will Potsdam der wachsenden „Pegida“-Protestbewegung gegen Zuwanderung von Flüchtlingen begegnen. Die Landeshauptstadt plane die Einrichtung von Willkommensklassen für ausländische Kinder, zudem solle mehr Personal für die Betreuung in Kitas und Schulen eingestellt werden, kündigte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) im PNN-Interview an. Ziel sei es, Flüchtlingsfamilien eigene Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Dies müsse künftig auch bei Neubauprojekten berücksichtigt werden, erklärte Jakobs.
Wie berichtet hat Potsdam erst kürzlich ein Millionenpaket beschlossen, um bis Ende 2015 Unterkünfte für mehr als 900 Asylsuchende schaffen zu können. Von Bund und Land forderte Jakobs finanzielle und logistische Unterstützung. Die jeweils 500 Millionen Euro, die der Bund für 2015 und 2016 für die Bewältigung des Flüchtlingsansturms in Aussicht gestellt habe, müssten von den Kommunen flexibel eingesetzt werden dürfen, so Jakobs. Dabei gehe es sowohl um Investitionen als auch um die Einstellung von zusätzlichem Personal.
Das Interview mit Jann Jakobs lesen Sie in der WOCHENENDAUSGABE der POTSDAMER NEUESTEN NACHRICHTEN
Die Protestbewegung auch gegen die Aufnahme weiterer Flüchtlinge sehe er mit großer Sorge, so Jakobs. In Dresden waren zuletzt 17 5000 Menschen bei einer „Pegida“-Demonstration auf die Straße gegangen, darunter Neonazis und Politiker der rechtspopulistischen Partei AfD. Die Bevölkerung müsse besser informiert werden, forderte Jakobs. Dann relativierten sich viele Befürchtungen.
Für das kommende Jahr kündigte Jakobs eine Untersuchung an, die sich mit den Auswirkungen des Wachstums der Landeshauptstadt beschäftigen soll. Man wolle herausfinden, ob der durch den anhaltenden Zuzug hervorgerufenen Bevölkerungsexpansion Grenzen gesetzt sind und welche Steuerungsmöglichkeiten die Stadt habe, so Jakobs. Münchener Verhältnisse, wo sich viele Menschen das Leben in der Stadt nicht mehr leisten könnten, wolle er für Potsdam auf keinen Fall. Das entscheidende Instrument im Kampf gegen den Wohnungsmangel in der Stadt sei der Neubau. Für 6000 Wohnungen bestehe Baurecht, für weitere 10 000 Wohnungen werde es in den nächsten Jahren geschaffen, kündigte er an.
Das Wachstum und die daraus resultierende Bautätigkeit führten auch zu Konflikten mit dem Welterbestatus der Stadt, räumte Jakobs ein. So habe man die juristische Auseinandersetzung um die letzten vier Baurechte am Glienicker Horn leider verloren. Wie berichtet dürfen die Eigentümer auf der Landzunge vis-á-vis vom Park Babelsberg mehrgeschossige Stadtvillen bauen. Die Bebauung des Glienicker Horns hatte Potsdam bereits in den 1990er-Jahren fast auf die rote Liste der Unesco gebracht. Welche Auswirkungen die aktuellen Neubauten auf den Welterbestatus haben, wird von den Unesco-Beratern von Icomos noch geprüft. Icomos hatte bereits Kritik an der Landeshauptstadt geübt, weil sie nicht wie vorgeschrieben über die jüngste Entwicklung informiert hatte.
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