
© Rebecca F. Miller
Landeshauptstadt: Potsdam trennt später
Biomülltonnen wird es stadtweit erst 2016 geben. Zuvor ist eine weitere Testphase geplant
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In den meisten deutschen Kommunen gibt es sie schon seit Jahren, die braune Biotonne für Küchen- und Gartenabfälle. Doch in Potsdam dauert es noch eineinhalb Jahre, bis der Biomüll in der ganzen Stadt getrennt entsorgt werden kann. Und das, obwohl die Tonne bundesweit eigentlich schon ab kommendem Jahr gesetzlich Pflicht ist.
Doch die Stadtverwaltung will erst eine weitere Testphase durchführen, bevor es ab dem 1. Januar 2016 dann Biotonnen für jeden Potsdamer gibt. Die erste Pilotphase im Stadtteil Potsdam-West, die vor einem knappen Jahr gestartet wurde, habe noch nicht genügen Erkenntnisse gebracht, sagte die Potsdamer Ordnungsamtsleiterin Marina Kluge am Dienstag.
Deshalb würden nun zwei weitere Stadtteile in das Pilotprojekt mit aufgenommen, nämlich die Nördliche Innenstadt und der Schlaatz. Die Wohnungsbaugenossenschaften hätten vorgeschlagen, auch einen „modernen Stadtteil“ wie den Schlaatz mit aufzunehmen, sagte Kluge. In Potsdam-West lebten schließlich auch viele Einfamilienhausbesitzer mit Garten. Dort werde anders mit Küchenabfällen umgegangen als im Neubaugebiet, vermutet die Ordnungsamtschefin. In der Innenstadt könne sich hingegen vor allem zeigen, wie sich begrenzter Platz auswirke. Denn dort müssen die Tonnen zum Leeren meist aus dem Hinterhof geholt werden, oft noch durch historische Treppenhäuser. Außerdem stellt sich in der Innenstadt zusätzlich das Parkproblem.
Wie in Potsdam-West sollen die Tonnen auch in den neuen Testgebieten kostenlos zu Verfügung gestellt werden – auch kleine Behälter für den Haushalt soll es umsonst dazugeben. Im Schlaatz geht es im September los, in der Nördlichen Innenstadt im November. Zusammen mit Potsdam-West sind dann 16 650 Haushalte mit Biotonnen versorgt. Erst wenn auch diese Testgebiete ausgewertet wurden, will die Verwaltung den Stadtverordneten einen Vorschlag unterbreiten, um wie viel die Abfallgebühren erhöht werden müssen – Kluge rechnet damit, dass dies vor der Sommerpause 2015 geschehen werde. Dann habe die Stadtentsorgung Step noch einige Monate Zeit, um den stadtweiten Start zum 1. Januar 2016 vorzubereiten. Dass Potsdam ein Jahr später dran sei als vom Bundesgesetzgeber verlangt, ist aus Sicht der Ordnungsamtschefin kein Problem. „Wir waren bis jetzt ja nicht tatenlos.“ Den Kommunen werde ein Einführungszeitraum gewährt.
Bislang haben sich die Bewohner in Potsdam-West nicht gerade als fleißige Mülltrenner erwiesen. Bei einer stichprobenartigen „Sortieranalyse“ kam heraus, dass durchschnittlich 83 Prozent der Küchenabfälle, die die Bewohner wegschmeißen, immer noch im Restmüll landen, wie Marlene Zierock vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sagte. Dieser Wert ist noch schlechter als im stadtweiten Durchschnitt (siehe Kasten). Zudem habe kaum jemand beantragt, dass die Restmülltonne seltener abgeholt wird – obwohl die Bewohner so Geld sparen könnten. Dies liege aber wahrscheinlich daran, dass der Biomüll kaum genutzt werde und die Restmülltonnen deshalb nahezu genauso voll wie bislang sind. Der Blick in andere Brandenburger Städte macht Zierock ebenfalls wenig Hoffnung: In Frankfurt (Oder) gebe es schon seit 25 Jahren Biotonnen. Bis heute lande dort die Hälfte des Biomülls in der Restmülltonne. Kluge hingegen ist dennoch zuversichtlich, dass das System funktioniert. Wenn die Biotonne eines Tages kostenpflichtig sei, werde ein Umdenken einsetzen, prophezeite sie. Beschwerden etwa wegen des Gestanks habe sie aus Potsdam-West keine gehört.
Derzeit wird der Biomüll, der in Potsdam anfällt, in einer Kompostieranlage zu Erde gemacht. Was ab 2016 mit den deutlich größeren Mengen an Biomasse passieren wird – ob weiterhin kompostiert wird oder eine Biogasanlage zum Einsatz kommt –, ist noch unklar. Dies muss laut Kluge ausgeschrieben werden. Geld verdienen lasse sich mit Biomüll im Gegensatz zu anderen Rohstoffen wie etwa Altpapier (siehe Kasten) nicht, sagte sie. Im Gegenteil, für die Entsorgung müsse bezahlt werden. Zwar werde die Erde anschließend wieder verkauft, dies rechne sich aber nicht. Dennoch sei die Trennung von Biomüll sinnvoll – aus Umweltschutzgründen. „Wir sind vom Gesetzgeber angehalten, mit den Rohstoffen sorgsam umzugehen“, sagte Kluge. Was der Erde entzogen werde, müsse ihr auch wieder zurückgegeben werden.
In der Biotonne dürfen neben Gemüse-, Salat- und Obstresten auch Eierschalen, Fisch- und Fleischreste sowie Baumschnitt, Rasen oder Blumen entsorgt werden. Im Haushalt kann er in kompostierbaren Tüten oder auch Zeitungspapier gesammelt werden.
Ob Gartenbesitzer, die einen eigenen Komposthaufen haben, auf eine Biotonne verzichten dürfen, ist laut Kluge noch nicht geklärt. Die Sortieranalyse in Potsdam-West habe ergeben, dass bei den Gartenbesitzern häufig nur Grünabfall in der Biotonne lande – die gut kompostierbaren Küchenabfälle aber nicht. „In der Innenstadt wird es definitiv einen Anschlusszwang geben. Wie es zum Beispiel in den Nördlichen Ortsteilen geregelt sein wird, muss sich noch zeigen“, sagte sie.
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