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INTERVIEW: „Potsdam war im Mittelalter unbedeutend“

Frau Götzmann, was macht aus dem Potsdam Museum mehr als nur ein Heimatmuseum?Wir sind weit davon entfernt, ein Heimatmuseum zu sein.

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Frau Götzmann, was macht aus dem Potsdam Museum mehr als nur ein Heimatmuseum?

Wir sind weit davon entfernt, ein Heimatmuseum zu sein. Unser Auftrag für den neuen Standort am Alten Markt war, ein Stadt- und Kunstmuseum für das neu entstehende historische Zentrum zu konzipieren. Wir haben uns entschieden, die 1000 Jahre Stadtgeschichte in Themenbereichen darzustellen. Leitlinien der Ausstellung sind Architektur und Städtebau sowie biografische Ansätze, die Personen berücksichtigt, die nicht mehr im „städtischen Gedächtnis“ präsent sind. Zu ihnen zählen Adolf Miethe, einer der Erfinder der Farbfotografie, oder der Bildhauer Johann Peter Benkert, nach dem die Benkertstraße unseres früheren Museumsstandortes benannt ist. Es gibt in der Ausstellung zudem einen interaktiven Medientisch mit Biografien des 20. Jahrhunderts.

Die verschiedenen Sammlungen des Museums umfassen insgesamt etwa 200 000 Objekte. Wie haben Sie ausgewählt, was in die Dauerausstellung kommt?

Wir haben zunächst das Grobkonzept entwickelt und es auf die Sammlungen abgestimmt. Anschließend wurde eine Objektdatenbank mit etwa 1500 Objekten erstellt - das Dreifache der Ausstellungskapazität. In der Überprüfung der räumlichen Möglichkeiten mussten wir stark reduzieren. Die Konzeption der Ausstellung berücksichtigt auch Austauschobjekte, einige Exponate wechseln wir aufgrund der konservatorischen Bedingungen nach drei Monaten aus, u.a. Grafiken. Für den längeren Präsentationszeitraum werden wir im Anschluss Faksimiles einsetzen.

Je weiter man den Rundgang durchschreitet, desto kleinteiliger wird die Ausstellung und die Fülle an Objekten nimmt zu. Woran liegt das?

Die Materiallage ist in jedem Museum je nach Schwerpunktsetzung sehr unterschiedlich. Wir haben beispielsweise keine archäologische Sammlung, und das Mittelalter ist nur durch wenige, aber herausragende Exponate vertreten. Potsdam hatte im Mittelalter nicht die Bedeutung der freien Reichsstädte wie beispielsweise Frankfurt am Main. Erst 1660 bekommt Potsdam den Status einer Residenzstadt, womit die Sammlung auch eine größere Dichte erhält. Als Museum kommunaler Trägerschaft kommt dem 19. Jahrhundert mit der Souveränität bürgerlicher Selbstverwaltung eine zentrale Schwerpunktsetzung zu, die sich in der Ausstellung spiegelt. Auch das 20. Jahrhundert bringt durch die Wendepunkte der Geschichte – zu nennen sind der 20. Juli 1944, der Tag von Potsdam und die Potsdamer Konferenz – eine Fülle an Material, die wir aufbereitet haben.

Wie sehen Sie die Zukunft in der Nachbarschaft zum Kunstmuseum von Hasso Plattner, dem Palast Barberini?

An dem heutigen Rundgang mit dem Oberbürgermeister hat auch der neue Direktor des geplanten Museums, Peter Joch, teilgenommen. Ich habe mich sehr gefreut, dass er zur Eröffnung gekommen ist. Wir überlegten in anschließenden Gesprächen, wo sich für uns Möglichkeiten zur Zusammenarbeit ergeben. Wir haben zwar einen unterschiedlichen Auftrag, sehen aber sinnvolle Ansätze zur Kooperation.

Die Fragen stellte Steffi Pyanoe

Jutta Götzmann, 48, ist promovierte Kunsthistorikerin und seit 2008 Leiterin des Potsdam Museums, damals noch in der Benkertstraße im Holländischen Viertel.

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