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Landeshauptstadt: Potsdamer Abwasser sei „gefühlt“ nicht teuer

Stadtwerke-Chef Paffhausen rechtfertigt Preise Stadtverordnete wollen niedrigere Gebühren

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Die Abwasserstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft sei zwar mathematisch korrekt, aber zu undifferenziert. So rechtfertigte sich Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen für den ersten Rang Potsdams im Abwasser-Preisvergleich, den die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft am Dienstag veröffentlicht hatte. Potsdam geht darin mit einer Abwassergebühr von 3,22 Euro pro Kubikmeter als teuerste der 100 größten deutschen Städte hervor. Die Studie hat uns erst schon erschreckt“, sagte Paffhausen gestern auf einer Pressekonferenz. „Gefühlt hatte ich nie den Eindruck, dass wir besonders teuer sind.“

Potsdamer Kommunalpolitiker warnten gestern im Hauptausschuss davor, die Ergebnisse zu bagatellisieren. „Das, was bleibt sind absolute Kosten“, sagte Mike Schubert (SPD). Hans-Jürgen Scharfenberg (Die Linke) sagte: „Wir sollten uns nicht damit abfinden, eine der teuersten Städte in diesem Bereich zu sein“. Zumal bereits in anderen Rankings die Stadtwerke 2008 als einer der teuersten Ver- und Entsorger abgeschlossen haben. „Die Bürger können sich das nicht leisten“, sagte Michael Schröder (CDU). Die Nebenkosten seien inzwischen eine zweite Miete. Paffhausens Kommentar: Die Stadtverordneten würden die Gebühren selbst festlegen.

Für die hohen Gebühren nannte Paffhausen der Presse vier Gründe. Erstens: die geringe Bevölkerungsdichte: Während im Durchschnitt der Großstädte mehr als 1600 Einwohner auf einem Quadratmeter lebten, seien es in Potsdam nur 805. Allein durch die längeren Leitungen entständen ihnen darum höhere Kosten. Betriebskosten und Instandhaltungskosten, zum Beispiel für Rohrnetzspülungen, würden auf jeden einzelnen Haushalt umgelegt. Je weniger Menschen das Netz nutzen, desto teurer werde es für den einzelnen. „Wenn die Potsdamer mehr Wasser verbrauchten, würde auch der Kubikmeter-Preis sinken.“

Zweitens: Die Stadtwerke hätten nach der Wende ein umweltfreundlicheres Abwassersystem aufbauen müssen. Die Investitionskosten werden über die Gebühren vom Verbraucher zurück geholt. So seien in den Bau der Kläranlage Nord 15 Millionen Euro geflossen, sagte Paffhausen. Jährlich investiert die Stadtwerke sechs Millionen Euro ins Abwassernetz.

Drittens: Eine weitere Nachwendefolge, die den Abwasserpreis in die Höhe treibe, seien die Entschädigungszahlungen an Grundstücksbesitzer. Rund 20 Prozent der meist schon zu DDR-Zeiten gebauten Abwasserleitungen lägen heute auf privatem Land. Nach den Gesetzen der Bundesrepublik müssen die Stadtwerke die Eigentümer für die Nutzung ihres Bodens entschädigen. Fünf Millionen Euro müssen sie laut Paffhausen bis 2010 ihnen insgesamt gezahlt haben, beispielsweise an die Deutsche Bahn. Auf deren Hauptbahnhof-Gelände Abwasserleitungen verlegt. Die Kosten trage der Kunde.

Und viertens versuchten die Stadtwerke möglichst viele Potsdamer ans Abwassernetz anzuschließen. 98 Prozent sind es bereits. „Die privaten Klärgruben zu beseitigen, ist in Potsdam politisch gewollt“, sagte Paffhausen. Die Neuanschlüsse kosten die Gebührenzahler jedes Jahr eine knappe Million Euro.

Gewinn mache die EWP mit der Abwasserentsorgung auch. „Aber nur einen kleinen“, sagte Paffhausen. Rund drei Prozent der Gebühren – so viel wie im Kommunalabgaben-Gesetz erlaubt sind.Damit werde der Verkehrsbetrieb quersubventioniert. Genaue Zahlen gebe es nicht, weil die Stadtwerke keine eigene Bilanz für die Wasserver- und -entsorgung erstellten.

Zudem wies Paffhausen darauf hin, dass die Potsdamer trotz der hohen Gebühren nicht so viel fürs Abwasser zahlten, wie von der Studie veranschlagt. Denn sie verbrauchten nicht 120, sondern nur 90 Liter Wasser pro Person und Tag. Außerdem lebten nur 15 Prozent von ihnen in Einfamilienhäusern wie die vierköpfige Musterfamilie, von der die Studie ausgeht: Statt der dort berechneten 786 Euro würde eine Potsdamer Familie nur rund 520 Euro für die Wasserentsorgung zahlen. just/jab

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