Landeshauptstadt: Potsdamer Weg engagiert begleiten
Die Geschichte des Potsdamer Zeitungswesens reicht bis in das frühe 18. Jahrhundert zurück, bis zum „Potsdammischen Mercurius“ und der „Potsdammischen Quintessentz“.
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Die Geschichte des Potsdamer Zeitungswesens reicht bis in das frühe 18. Jahrhundert zurück, bis zum „Potsdammischen Mercurius“ und der „Potsdammischen Quintessentz“. Eine solche Tradition verpflichtet, zumal in einem Land, dessen demnächst zum 300. Geburtstag zu ehren der König den Satz geprägt hat, dass die Gazetten, so sie delektieren sollen, nicht generiert werden dürfen. Aber – Tradition verpflichtet nicht nur zu treuem Nacheifern, sondern mindestens ebenso zu kritischer Reflexion der Geschichte, auch der eigenen. Zur stolzen Potsdamer Pressegeschichte zählt eben auch, dass der erste Potsdamer Zeitungsherausgeber ein Mann namens Otto Graben zum Stein war, der zugleich als königlicher Spaßmacher in der Tradition des Historikers und Hofnarren Jacob Paul von Gundling diente – und nebenbei das Amt eines Vizepräsidenten der Sozietät der Wissenschaften bekleidete. Und auch die PNN tragen ihren Namen erst seit 1991. Vierzig Jahre vorher waren sie unter dem Namen „Brandenburgische Neueste Nachrichten“ (BNN) als Organ der nationaldemokratischen Blockpartei gegründet worden, der im sozialistischen Herrschaftssystem die Aufgabe zukam, die mentalen Überreste der nationalsozialistischen Zeit an die neuen Verhältnisse zu binden.
Heute ist die PNN ein Spiegel der vitalen Vielfalt, in der Potsdam sich nach 1989 auf die abermalige Suche nach seiner städtischen Identität zwischen Mythos und Moderne gemacht hat. Potsdam ist wie kaum eine andere Stadt in Deutschland zum Ort unterschiedlicher historischer Bemächtigungen geworden, die schon im städtebaulichen Geschehen von Abriss und Wiederaufbau miteinander um Deutungshoheit ringen. Aber die Stadt hat sich in den letzten Jahrzehnten zugleich immer prononcierter zu einem Wissenschaftsstandort entwickelt, an dem Natur- und Geisteswissenschaftler kühn in die Zukunft denken. Ich wünsche den PNN, dass sie den Potsdamer Weg zwischen Herkommen und Hinwendung auch weiterhin engagiert begleiten und reflektieren mögen. Und ich wünsche ihr zugleich, dass sie dabei der Umbrüche und Widersprüche unserer Geschichte eingedenk bleibt und über den beruhigenden Kontinuitäten der Potsdamer Geschichte nicht deren verstörende Zäsuren vergisst – nicht zufällig ist der 60. Jahrestag ihrer Erstgründung zugleich auch der 20. Geburtstag ihrer Umgründung.
Prof. Dr. Martin Sabrow, Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschungen Potsdam
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