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Landeshauptstadt: Potsdams „Chimborazo“ Aus der Geschichte

des Brauhausbergs

Stand:

Der Brauhausberg war Alexander von Humboldts (1769-1859) „Potsdamer Chimborazo“. Der berühmte Naturforscher erinnerte sich als hochbetagter Mann bei seinen Spaziergängen auf dem Brauhausberg immer wieder an seine Besteigung des damals als höchster Berg der Welt geltenden Gipfels in Ecuador bis auf 5350 Meter, womit er 1802 einen Höhenweltrekord aufgestellt hatte. Oft forderte er seinen Freund Heinrich Berghaus, der am Fuße des Hügels seine renommierte „Geographische Kunstschule“ betrieb, zum Mitwandern auf.

Die dicht bewaldete Anhöhe wurde im 15. Jahrhundert als Jagdgebiet mit Wildgarten genutzt und 1515 teilweise in einen bis 1700 bestehenden Weinberg verwandelt. Hier kampierte während des Dreißigjährigen Krieges im Mai 1631 der schwedische König Gustav Adolf II. mit seinem Heer. Der Brauhausberg bot 88 Meter über dem Meeresspiegel eine einmalige Aussicht auf die Stadt- und Seenlandschaft Potsdams, für zahlreiche Maler ein begehrtes Motiv. Doch nicht nur das: 1803/04 hatte König Friedrich Wilhelm III. auf dem Hügel eine „gotische Turmruine“ mit Teestube und Aussichtsplattform errichten lassen, deren Umgebung gärtnerisch gestaltet wurde. Aus einem der Mitte des 18. Jahrhunderts durch Friedrich II. an der Schützenstraße errichteten Kolonistenhäuser ging das beliebte Terrassenlokal „Wackermanns Höhe“ hervor. Nicht weit davon lag die 1830 eröffnete „Peters Höhe“. Seit 1770 konnte man auch in den Schützenkrug einkehren, der für die Potsdamer Schützengilde errichtet worden war.

Der Brauhausberg, unter dem ein Braunkohleflöz verläuft und aus dem auch Mineralwasser erbohrt wurde, besaß außerdem wirtschaftliche Bedeutung für die Residenzstadt. Hier war 1728 im ehemaligen Kurfürstlichen Kornmagazin die Königsbrauerei eingerichtet worden, ein Jahrhundert später fügten Adelung & Hoffmann eine Produktionsstätte für die legendäre „Potsdamer Stange“ hinzu. Seit 1981, als auf dem Industriegelände Rehbrücke eine neue (inzwischen stillgelegte) Brauerei eröffnet wurde, fließt kein Bier mehr vom Brauhausberg – der Name ist ihm geblieben. Zu einer deutschlandweit bekannten Kulturstätte wurde der Hügel, als der Bühnenautor und Schauspieler Axel Delmar 1911 in einer „idyllisch gelegenen Talmulde“ ein Naturtheater für seine „Deutschen Heimatspiele“ anlegte. Bis zu 75000 Besucher strömten pro Saison herbei, um Stücke wie „Alt Potsdam“ oder „Marschall Vorwärts“ zu sehen.

Das Theater ging nach dem Ersten Weltkrieg ein. Die 19 von Friedrich dem Großen für sächsische Maurer und Zimmerleute errichteten Kolonistenhäuser und die meisten anderen Bauten fielen dem Luftangriff vom 14. April 1945 zum Opfer. Stehen blieb jedoch der 1899 bis 1902 durch Kaiser Wilhelms Lieblingsarchitekten Franz Heinrich Schwechten als Mischung verschiedenster Baustile errichtete große Komplex der Kriegsschule. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde sie als Reichsarchiv genutzt, in der DDR-Zeit von der SED-Bezirksleitung. Heute sind die Gebäude Sitz des Landtages.

In den 60er und 70er Jahren versuchten die Stadtplaner, dem Brauhausberg durch Bauten und Anlagen wieder ein Gesicht zu geben.1969 bis 1971 entstand eine Schwimmhalle, die mit ihren 50-Meter-Bahnen sowohl für das allgemeine Publikum als auch für den Schulunterricht sowie Training und Wettkämpfe der Leistungssportler genutzt wurde. 1976/77 wurde das Terrassenrestaurant „Minsk“ errichtet, das mit seiner Ausstattung u.a. aus weißrussischer schwarzer Mooreiche höheren Ansprüchen genügte, aber auch durch seine Diskotheken eine große Gästeschar anzog. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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