Landeshauptstadt: Potsdams Kubanern fehlen die Worte
Nur anonym wollen sie über Castros Rücktritt und die Zeit danach reden
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„Wenn sie mich fragen, kann ich dazu nichts sagen“, so die Reaktion vieler in Potsdam lebender Kubaner auf die Frage, was sich für sie mit dem Rücktritt Fidel Castros verändert habe – ein Hinweis darauf, dass sie sich noch immer nicht öffentlich äußern können. Sie fühlen sich vom kubanischen Staat überwacht und haben Bedenken, über das Ende der Regierungszeit des Comandante oder persönliche Hoffnungen für die Zeit danach zu reden. „Alles wird kontrolliert und wenn man auffällig wird, darf man vielleicht nie wieder nach Kuba einreisen“, so eine in Potsdam lebende Kubanerin. Viele hätten noch Familie und Freunde dort und könnten deshalb nicht sprechen, ergänzt ein ebenfalls hier lebender Kubaner. Und weiter: „Es hat sich nichts verändert. Fidel hat lediglich den Ring verlassen – ungeschlagen, und es ist nicht absehbar das sich dadurch etwas ändert.“ Dennoch empfinden viele den Wechsel auch als Chance auf wirtschaftliche und soziale Verbesserungen. „Raúl ist ein Soldat. Er hat Kubas Armee gut organisiert. Wenn er das auch mit der Insel schafft, wäre das eine gute Sache", so die einen. Andere sehen in Castros nun regierendem Bruder nicht den Mann für Veränderungen. Besonders die allseits erhoffte wirtschaftliche Öffnung des Regimes wird unter den Potsdamer Kubanern auch kritisch gesehen. Viele Menschen auf Kuba lebten davon, Dinge zu reparieren und müssten durch steigenden Wohlstand um ihre Lebensgrundlage fürchten, so eine der Frauen. Andere haben Angst vor Konflikten bei der Rückkehr exilierter Kubaner, besonders aus den USA. Diese könnten die nach der Revolution enteigneten Grundstücke, Häuser und Firmen zurückfordern. Das werde zu Auseinandersetzungen führen, so die Befürchtungen. Auf Kuba sei die Veränderung im Moment allerdings noch nicht zu spüren. Castro habe sich ja kaum noch in der Öffentlichkeit gezeigt. Sein Fehlen sei im Alltag daher kaum zu bemerken, so eine der Frauen. „Es wird sich auch weiterhin nichts ändern“, so der pessimistische Schluss einer anderen. Sie meint, dem Staat gehe es doch gut, er finde immer mehr Investoren im Tourismusbereich und habe es nicht nötig etwas zu ändern. Besonders Kanadier und Europäer hätten viel Geld in die Kassen des Staates gebracht, so dass auf der Insel ein „feudaler Kapitalismus“ entstanden sei. Trotzdem bleiben Hoffnungen. „Eine bessere Versorgung, die Erlaubnis das Land verlassen zu dürfen und angemessene Entlohnung wären nett“, so zaghaft formuliert eine der Kubanerinnen ihre Träume.AG
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