
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Potsdams Markt bald auf dem Markt
Der Bassinplatz-Markt soll im Zuge des Sparprogramms der Stadt privatisiert werden – einige Händler sehen das mit großer Sorge
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Innenstadt - Karla Schildhauer macht sich Sorgen. Die Bäckerin fürchtet um ihren Standplatz auf dem Markt am Bassinplatz. „Dabei schätze ich die Atmosphäre hier.“ Jeden Freitag verkaufen sie und ihr Mann ihre Produkte in Potsdam.
Ob das so bleibt, ist ungewiss. Der Grund: Spätestens 2016 soll der Markt privatisiert werden. So sieht es zumindest das Sparpaket des Finanzdezernats vor, über das die Stadtverordneten derzeit debattieren (siehe Kasten). Bisher betreibt die Stadt den Markt, der Zuschuss liegt bei 38 500 Euro pro Jahr – unter anderem sind zwei Mitarbeiterinnen der Stadt für die Organisation zuständig.
Mit einem privaten Betreiber hofft die Stadt, dieses Geld sparen zu können. Schon im kommenden Jahr soll ein Interessenbekundungsverfahren starten, um einen Träger und ein neues Konzept zu finden, wie Stadtsprecherin Christine Weber den PNN auf Anfrage bestätigte. Betroffen sind bis zu 55 Händler, die sich vor allem im Sommer und Herbst auf dem Bassinplatz zwischen St.-Peter-und-Paul-Kirche und Gutenbergstraße drängen. Im Winter sind es um die 15 Händler pro Tag, die ihre Waren anbieten.
Skeptisch ist auch Brigitte Krause, die seit 47 Jahren Obst und Gemüse an vier Tagen der Woche auf dem Markt verkauft. „Die kleinen Händler werden vertrieben“, fürchtet sie. Krause betreibt ihren Stand in der dritten Generation und findet den Markt gut – so wie er ist. „Die Kunden kommen gern.“ Mit einem privaten Betreiber werde sich die Atmosphäre ändern, fürchtet sie. Die Stadt solle sich weiter um den Wochenmarkt kümmern, notfalls auch die Standgebühren erhöhen, um die laufenden Kosten zu decken.
Im Sparprogramm der Stadt heißt es zu dieser Idee, „allein die Anpassung der Benutzungsgebühren ist nicht ausreichend, um den Zuschussbedarf auf Null zu reduzieren.“ Man gehe davon aus, dass der Markt durch einen privaten Betreiber wirtschaftlich rentabel betrieben werden kann, da dieser nicht den Vorgaben öffentlichen Rechts unterliegt – etwa einer Sortimentsbeschränkung. Ebenso haben es private Betreiber aus Sicht der Stadt wesentlich einfacher, die Attraktivität des Marktes zu erhöhen. Vorgeschlagen werden dazu – wörtlich – „Aktionstage, Wettbewerbe etc. (Spargelschäl-/Kürbisgrößen-/ Kirschkernspuckaktionen)“ sowie die Verbindung von Marktgeschehen und Veranstaltungen.
Dem kann ein Textilienverkäufer aus Berlin-Tempelhof wenig abgewinnen. „Ich stehe jetzt seit 22 Jahren jeden Tag auf dem Markt, von Jahr zu Jahr wird es schwerer für mich.“ Sollte der Wochenmarkt privatisiert werden, höre er auf, sagt der Mann. „Da haben Hartz-IV-Empfänger ja mehr zum Leben als ich.“
Stadtsprecherin Weber versucht zu beruhigen: Die Privatisierung solle erfolgen, „ohne dass es zu Verdrängungen angestammter Händler kommt oder das Sortiment leidet“. Aktuell zahlen die Händler rund 2,60 Euro Standgebühr für den laufenden Meter. Kleinere Händler sagen, mit dieser geringen Summe sei bei wenig Umsatz der Verlust nicht so hoch, zudem könnten sie ihre Waren zu niedrigeren Preisen abgeben.
Doch nicht jeder sieht die Privatisierungspläne negativ. Michael Riedel im Feinkoststand „Lucullus“ ist aufgeschlossen. Er sagt: „Alles steht und fällt mit dem Konzept des privaten Betreibers.“ Seine Hoffnung: Durch ein breiteres Angebot könnte mehr Kundschaft auf den Markt kommen. Der Markt müsse dabei auch nicht sechs Tage die Woche geöffnet haben. Laut Riedel sollte der private Betreiber aber Erfahrung mit dem Betrieb eines Marktes haben und nicht nur profitorientiert denken.
Ähnlich sehen es zwei Verkäuferinnen der Fleischerei Riek, die ein paar Meter weiter ihren Stand haben. „Für uns ändert sich nichts. Unsere Kunden kommen weiterhin.“ Der Stand der Fleischerei ist seit mehr als 25 Jahren sechs Tage die Woche auf dem Markt zu finden. „Fleisch und Wurst werden eben immer benötigt.“ Auch der Gemüsehändler Richard Senst aus Ziezow sieht die Privatisierungspläne positiv, denn die Stadt ist ihm in manchen Bereichen nicht flexibel genug. „Nach so langer Zeit ist es vielleicht Zeit für Veränderungen.“ Er hofft, dass durch die Privatisierung die Marktzeiten flexibler werden und das Angebot vielfältiger. „Dafür zahle ich auch höhere Standgebühren.“
Eine Blumenhändlerin aus Potsdam verfolgt die Pläne der Stadt mit gemischten Gefühlen. „Ich bin seit zwölf Jahren jeden Freitag und Samstag auf dem Markt und nach so vielen Jahren hat sich vieles eingeschliffen. Ein neuer Wind würde vielleicht mal gut tun.“ Sie hofft, dass sich der Kundenstamm vergrößert, vorausgesetzt das Angebot werde vielfältiger und die Marktzeiten verlängert, vor allem am Samstag. Gleichzeitig befürchtet sie, dass sie wegen höherer Standgebühren die Preise anpassen muss. „Das werden nicht alle meine Kunden mitmachen.“
Diese Sorge hat auch Karla Schildhauer. Sie hat schon einmal die Privatisierung eines Markts in Berlin erlebt. Danach stiegen die Mieten, sie musste die Kosten auf die Kunden umlegen – letztendlich litt der Umsatz, sie verließ den Markt. Das fürchtet sie auch am Bassinplatz, sollten die Pläne Wirklichkeit werden: „Über kurz oder lang würden wir den Stand wohl aufgeben müssen.“
Katrin Miller
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