Sport: Potsdams Politiker ermahnt
Kritische Töne bei zweiter Mahnwache der Sportler vorm heutigen Stadtsporttag
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Kritische Töne bei zweiter Mahnwache der Sportler vorm heutigen Stadtsporttag Von Michael Meyer Bälle und Degen, bunte Tücher und Transparente, Trillerpfeifen und Fanfaren, kritische Worte und Beschwichtigungsformeln – es war einiges los, als sich rund 400 Potsdamer Sportler am gestrigen Spätnachmittag zu ihrer zweiten Mahnwache vorm Stadthaus versammelten. „Wir wollen heute die Politiker dazu ermahnen, über die Rolle des Sports in der Stadt nachzudenken“, erklärte Lutz Henrich, der Vorsitzende des Stadtsportbundes, „denn wir wollen nicht eines Tages auf der Straße trainieren, weil wir die Hallengebühren nicht zahlen können.“ Potsdams Stadtverwaltung will 2004 von den Sportvereinen zusätzliche 360 000 Euro, was nach Ansicht der betroffenen Vereine dem Sport in der Stadt irreparablen Schaden zufügen würde. Henrich forderte u. a., „nicht die zu bestrafen, die sich ehrenamtlich um Kinder und Jugendliche, um Senioren, Ausländer und Behinderte kümmern, sondern die, die sie ausgrenzen und denen die Kids egal sind. Nicht die, die den Namen Potsdams mit sportlichen Erfolgen in alle Welt tragen, sondern die, die diesem Ruf Potsdams schaden.“ Und Anne Pichler, die Geschäftsführerin des Stadtsportbundes, bezifferte allein den jährlichen Marketingwert des Sports für die Landeshauptstadt mit über zwei Millionen Euro, ehe sie weiteren bislang sehr kostengünstigen Nutzen für die Potsdamer durch den Sport nannte: Jugendarbeit, Freizeitangebote, Gesundheit und Prävention, Erziehungs- und Sozialarbeit sowie Stadtteilbelebung. Während Lutz Henrich und Stadtsportbund-Schatzmeister Dirk Albrecht am Montagabend in den Stadtverordnetenfraktionen von CDU und PDS Unterstützung für ihr „Nein“ zur neuen Kostenexplosion im Potsdamer Sportvereinsleben gefunden hatten, nannte Anne Pichler ihr Erlebnis in der SPD-Fraktion „ernüchternd“. „Die 360 000 Euro im Haushaltsentwurf sollen nun plötzlich keine Sportstättennutzungsgebühren mehr sein, sondern die jährliche Erhöhung der Betriebskosten der Sportstätten, die der Sport zu tragen habe“, erklärte sie. So argumentierte gestern vorm Stadthaus auch SPD- Fraktionsvorstandsmitglied Klara Geywitz. Steeven Bretz, der stellvertretende CDU-Fraktionschef, plädierte hingegen dafür, dass statt neuer Kosten mehr städtische Sportstätten in die Verantwortung der Vereine übertragen werden sollten. Und PDS-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg versprach: „Wir werden die Streichung der 360 000 Euro aus dem Haushaltsplan beantragen, und dies wird eine Bedingung dafür sein, dass wir dem Haushalt zustimmen werden.“ Potsdams Sportbeigeordnete Gabriele Fischer plädierte angesichts der Finanzsituation der Stadt erneut für eine Kompromisslösung, über die auf dem heutigen Stadtsporttag diskutiert werden müsse. Dabei dürfte ihr heute im Bürgerhaus am Schlaatz ein scharfer Wind ins Gesicht blasen. „Ich hoffe, alle Vereine sind morgen sehr kritisch“, forderte Peter Rieger, der Geschäftsführer des SC Potsdam. Selbst „seine“ SC-Leistungssportler, die nicht unmittelbar betroffen seien, solidarisierten sich mit den Vereinen. „Ich finde das unmöglich. Einerseits wird verlangt, dass die Jugend von der Straße soll, aber die Bedingungen dafür werden kaputt gemacht“, zeigte sich auch Potsdams Leichtathletik-Olympiahoffnung Claudia Hoffmann empört.
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