
© Andreas Klaer
Sport: „Potsdams Sporthallen sind überbelegt“
Stadtsportbund-Chef Lutz Henrich über in diesem Jahr Erreichtes und Herausforderungen für 2011
Stand:
Herr Henrich, kann jeder Potsdamer, der dies möchte, in Potsdams Sportvereinen körperlich fit werden oder sich fit halten?
Ja, aber ganz leicht ist es nicht. Viele Sportvereine haben nämlich für sich vereinbart, dass sie zu bestimmten Zeiten keine neuen Mitglieder mehr aufnehmen, weil ihre Hallenkapazitäten es nicht mehr zulassen. Potsdams Sporthallen sind, wie die Sportstättenkommission des Stadtsportbundes und der Stadt im Frühjahr bei einer Untersuchung feststellte, mit 117 Prozent überbelegt. Daher ist mit Nachdruck das Versprechen des Oberbürgermeisters Jann Jakobs aus seinem Wahlkampf zu begrüßen, dass generell keine Sporthalle in Potsdam zur Disposition steht und weiter die Regel gilt: kein Hallenabriss vor adäquatem Ersatz. Darauf werden wir achten. Trotz der genannten 117 Prozent und obwohl wir uns über jede neue Halle freuen, sind wir froh, derzeit eine Kontinuität im Trainings- und Wettkampfbetrieb der Vereine zu wahren.
Wie viele Potsdamer treiben denn gegenwärtig organisiert Sport?
24 312 Mitglieder in 148 Vereinen. Das sind über tausend Mitglieder mehr als vor einem Jahr, und wir freuen uns, dass jetzt mehr Mädchen und Frauen unter ihnen sind als je zuvor. Der aktuelle Zuwachs von 41 Prozent entspricht zwar noch nicht unserem Ziel von 50 Prozent, ist aber dennoch schon erfreulich.
2009 sagten Sie im PNN-Interview, dass zahlreiche Vereine vor großen finanziellen Schwierigkeiten ständen. Profitiert inzwischen auch der Sport vom wirtschaftlichen Aufschwung im Land, von dem jetzt wieder die Rede ist?
Die Lage der Vereine hat sich nach unserem Kenntnisstand nicht verändert, also nicht erheblich verschlechtert oder verbessert. Einige kriechen aber weiterhin finanziell auf dem Zahnfleisch, wie man so sagt.
Kann der Stadtsportbund denen helfen?
Wir können nur mit den Geldern helfen, die wir von der Stadt erhalten, und für deren Vergabe gilt die Potsdamer Sportfördersatzung. Ansonsten können wir nur Mittler zwischen Sport und Politik sein.
Wie viel Geld hat der Stadtsportbund von der Stadt Potsdam bekommen?
Der Zuschuss von 225 700 Euro blieb in diesem Jahr konstant. Für das kommende Jahr hoffen wir auf eine Erhöhung auf über 243 000 Euro, um weiter handlungsfähig zu bleiben. Diese Summe entspricht der Vereinbarung zwischen uns und der Stadt von zehn Euro pro Mitglied. Wobei man nicht vergessen darf, dass wir Sportler auch einen jährlichen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung der Stadt leisten, der sich nach der Anzahl der Sportlerinnen und Sportler richtet.
Worin sehen Sie die größte Herausforderung für den Stadtsportbund im Jahr 2011?
Wir haben in Potsdam drei große sportliche Bereiche: den Leistungssport, den Breitensport und den Hochschulsport. Im Luftschiffhafen geschieht viel für den Leistungssport, wobei wir aufpassen müssen, dies nicht zu sehr zu Lasten des Breitensports geschehen zu lassen. Wenn beispielsweise die Kosten im Luftschiffhafen steigen, dürfen deshalb nicht Projekte des Breitensports in Frage gestellt werden. Und ein größeres Augenmerk muss auf den fast 21 000 Studenten in Potsdam liegen. Die Hallen der Stadt sind durch die Vereinssportler bereits ausgelastet, aber die Studenten wollen ebenfalls Sport treiben, was wir ihnen leider zu wenig bieten können. Bekannt ist, dass der Abriss der Sporthalle in Babelsberg ohne adäquaten Ersatz durch die Universität diese Situation noch verschärft hat. Nun droht auch noch die Schließung der Turnhalle im Luftschiffhafen, und wie es dann weitergehen soll, weiß niemand. Die Halle, die auch Ausbildungsstätte der Universität ist, muss unbedingt saniert oder neu gebaut werden; dafür müssen Wege gefunden werden.
Im kommenden Jahr soll die neue Sporthalle im Luftschiffhafen fertig werden – wird dann alles besser oder gar gut?
Besser ja, vor allem für die Vereine, die dort eine neue Heimstatt finden. Wenn dort dann über 2000 Zuschauer die Wettkämpfe verfolgen können, wird sich sicher auch eine neue Fankultur in Potsdam entwickeln. Dem werden dann auch international hochkarätige Wettkämpfe Rechnung tragen – im Volleyball, Handball und Basketball beispielsweise. Dann könnte dort aber auch ein hochklassiges internationales Frauenfußball-Nachwuchsturnier stattfinden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Sporthalle in der Heinrich-Mann-Allee weiter als Heimstatt der Potsdamer Sportler bestehen bleibt, sonst gibt es keine wirkliche Verbesserung. Da einige Vereine in den Luftschiffhafen wechseln werden, können dann in der Sporthalle Heinrich-Mann-Allee Vereine, die keine Bundesliga-Mannschaften haben, ihre Wettkämpfe bestreiten.
Auf welche sportlichen Höhepunkte in ihrer Stadt können sich die Potsdamer 2011 freuen?
Beispielsweise auf den wieder von uns durchgeführten rbb-Drittelmarathon am 17. April mit Start und Ziel auf der Glienicker Brücke, den ebenfalls von uns organisierten 8. Schlösserlauf am 8. Juni und die 8. Bummi-Olympiade der Potsdamer Kitas am 7. September im Luftschiffhafen. Dazu auf das Internationale Stabhochsprung-Meeting des SC Potsdam vom 17. bis 19. Februar im Stern-Center, auf den Internationalen Sparkassenlauf Preußische Meile am 17. Juni , die Wasserspiele des Kanu-Clubs Potsdam am 14. August und den Kanalsprint des KC am 27. August. Und im Frauenfußball, Volleyball, Wasserball und Judo wird es sicher auch 2011 spannende Erstliga-Heimkämpfe geben.
Außerdem soll es die dritten Jugendsportspiele mit Potsdams Partnerstadt Luzern geben.
Die werden in diesem Jahr wieder in der Schweiz stattfinden und sind eine Art Vorreiter für sportliche Vergleiche auch mit Potsdams anderen Partnerstädten. Vereinzelt gibt es das ja schon, beispielsweise im Schwimmen mit Opole und im Basketballer mit Bonn. Wir wünschen uns auch Vereine, die die Partnerschaft mit Perugia mit sportlichem Leben füllen. Um all das noch besser koordinieren zu können, ist jetzt Ute Goldberg im Vorstand des Stadtsportbundes für den Sport mit den Partnerstädten zuständig. Wir wollen auch hier ganz einfach weiter zulegen.
Zunächst wird der Stadtsportbund am 8. Januar seinen traditionellen Stadtsportball feiern, auf dem wieder Potsdams Nachwuchssportler und Seniorensportler geehrt werden. Welchen Tenor wird denn Lutz Henrich dann bei seiner kleinen Ansprache anschlagen?
Einen dankenden und einen hoffnungsvollen Tenor. Man kann einerseits immer wieder nur den Hut ziehen vor den über tausend ehrenamtlichen Helfern in den Sportvereinen und andererseits betonen, dass diese Arbeit sich für die Gesundheit und für die Erziehung der Kinder und Jugendlichen besonders lohnt. 2010 war ein wichtiges Jahr, dass uns vorangebracht hat, denn noch nie zuvor wurde so viel um sportliche Themen in der Stadt diskutiert und gestritten. Ob im Jugendhilfe- oder im Schul- und Sportausschuss: Es gab viele sportliche Themen, über die gesprochen wurde. Und Potsdams Stadtverordnete sind hinsichtlich des Sports generell sachkompetenter geworden. All das – und mehr – werde ich auf dem Stadtsportball ansprechen.
Das Interview führte Michael Meyer.
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