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Landeshauptstadt: Präsident wandelt im Luftschloss

Gunter Fritsch besuchte den künftigen Landtagsstandort und ließ sich historische Grundrisse erläutern

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Innenstadt - Besen fegen über Ziegel- und Kalksandsteine, die Grundrisse des Stadtschlosses werden mit ihrer Hilfe freigelegt. Für Gunter Fritsch war daher gestern genau nachvollziehbar, an welchen Stellen Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff einst seine Anbauten vornahm und wo die Fassade des Stadtschlosses Potsdam im 18. Jahrhundert verlief. Der Präsident des Brandenburger Landtages wandelte gestern über den Standort des Luftschlosses, ging durch die Keller der künftigen Kopfbauten sowie über den Hof und hofft, dass Ende 2009 der Rohbau stehen kann: Damit die Abgeordneten, die dem Vorhaben zugestimmt haben, darin den Abschied der Legislaturperiode feiern können, so Fritsch.

Ob dann eine annähernde Kopie des historischen Stadtschlosses steht oder ein Multifunktionsbau mit historischer Fassade in Richtung Alter Markt, vermochte Fritsch gestern nicht zu sagen. Das werde das Wettbewerbsverfahren ergeben, welches noch in diesem Jahr gestartet werden soll. Dann können Konsortien und Investoren ihre Pläne für den Neubau erarbeiten, der sich am Bedarf des Landtages und an dem Bebauungsplan der Stadt orientieren muss. Letzterer wird gerade diskutiert und beruht auf einem Landtagsbeschluss, der von Stadtschlossbefürwortern anders interpretiert wird als von Anhängern eines funktionalen Landtagsbaus. Und den Fritsch gestern nochmals erläuterte.

Der Landtag habe beschlossen, dass das künftige Landtagsgebäude für die Abgeordneten eines gemeinsamen Bundeslandes „weitgehend an die historische Form“ angelehnt wird, sagte Fritsch auf Nachfrage. Eine Original-Kopie werde es nicht geben. Am Alten Markt soll der Originalzustand der von Knobelsdorff gestalteten Fassade wieder hergestellt werden, an den Seitenflügeln und dem südlichen Teil des Landtages bestehe Spielraum. Über den letztendlichen Bau werde ein Gremium entscheiden, in dem auch Potsdams Oberbürgermeister mit einer Stimme vertreten sein wird. In dem Komitee werde dann eine wesentliche Frage sein, ob „der Landtag von der äußeren Anmutung tolerierbar ist“, so Fritsch.

Die Grabungen selbst, die seit zwei Wochen durchgeführt werden und noch bis Ende 2008 andauern sollen, würden im Zeitplan liegen. Grabungsleiter Dr. Jonas Beran erklärte, es bestehe auf diesem Areal die Möglichkeit,ein Drittel der früheren mittelalterlichen Stadt zu rekonstruieren. Dies sei einmalig in Ostdeutschland, da auf dem Alten Markt und im Bereich des Stadtschlosses seit Jahrhunderten nicht weiter gebaut worden sei. Einzig der Rohbau des Theaters habe für einen Verlust von Geschichte geführt. Den ältesten bisher ausgegrabenen Fund datiert Dr. Beran auf 2300 bis 2500 vor Christus. Spektakulär sieht das kleine, knapp zwei Zentimeter große Fragment nicht aus. Für das geschulte Auge ist es jedoch von besonderem Wert. Noch zwei Jahre sollen die Grabungsarbeiten dauern, insgesamt werden sie wohl 2,5 Millionen Euro kosten. Dann soll der gesamte Schlossumriss sichtbar, vermessen, in dreidimensionaler Form auf dem Computer und katalogisiert worden sein. Jan Brunzlow

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