Von Heike Kampe: Praxistest im Filmgeschäft
Schüler des Babelsberger Film-Gymnasiums gründeten die Schülerfirma „bfg filmproductions“
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Die Kamera auf der Schulter, das Mikrofon in der Hand – der Umgang mit Filmequipment gehört für viele Schüler des Babelsberger Film-Gymnasiums zum Schulalltag. Doch vier der Gymnasiasten sind nun noch einen Schritt weitergegangen: Zusammen mit Mentor und Film-Koordinator Uwe Fleischer gründeten die 15- bis 17-Jährigen eine Schülerfirma. „bfg filmproductions“ heißt das junge Unternehmen, das Filmbeiträge nach Auftrag produzieren möchte.
Die Arbeiten für den ersten Auftrag laufen bereits. Für eine DVD-Box, die anlässlich des 100. Geburtstags der Schauspielerin Agnes Kraus im Januar 2011 von der Icestorm Entertainment GmbH herausgegeben wird, soll ein 30-minütiger Bonusbeitrag produziert werden. „Hier wird gesammelt, archiviert, erschlossen und dokumentiert – ein Besuch im Deutschen Rundfunkarchiv Babelsberg“ lautet der Titel dieser ersten Dokumentar-Produktion, für die sich die Schüler auf Spurensuche in den reichhaltigen Fundus des Deutschen Rundfunkarchivs (DRA) begeben. „Anhand der Beispiele der Filme von Agnes Kraus werden uns die Mitarbeiter vor der Kamera erzählen, wie im Babelsberger Archiv gearbeitet wird“, erläutert Mentor Uwe Fleischer.
Von der Konzeption des Beitrags über die Aufnahmen bis hin zum Bildschnitt und der Fertigstellung – die Schüler übernehmen sämtliche Aufgaben. „Sie sollen sich ausprobieren“, so Uwe Fleischer. Genau diese Möglichkeit möchte Katharina Bruckner nutzen, die einmal im Filmbereich arbeiten möchte, aber noch nicht genau weiß, wo: „Ich bin in die Schülerfirma gegangen, um alles kennenzulernen, um in die verschiedenen Bereiche reinzuschnuppern“, so die Schülerin.
„Für jemanden einen Auftrag zu erarbeiten ist etwas ganz anderes, als in der Schule einen Beitrag zu drehen“, sagt Samuel Hölscher, der für die erste Arbeit der bfg filmproductions hinter der Kamera steht. „Wir stehen da auch unter einem gewissen Druck, was wirklich Gutes zu machen. Das finde ich aufregend“, so der 17-Jährige. Dass er später einmal Kameramann werden möchte, steht für ihn bereits fest.
Im Gegensatz zu den Film-AGs an der Schule, gehe es in der Schülerfirma weniger darum, eigene Ideen zu verwirklichen, vielmehr stehe der Auftrag des Kunden im Mittelpunkt, so Uwe Fleischer. „Die Schüler müssen sich mit dem Material sehr bewusst auseinandersetzen. Das Ergebnis muss sowohl dem Kunden als auch den Abgebildeten gefallen, und es muss eine Qualität haben, die dem Projekt gerecht wird.“
„Dass wir einen Beitrag machen, der dann auch tatsächlich vervielfältigt und veröffentlicht wird, ist für mich eine völlig neue Erfahrung“, erzählt Schüler Dimitri Taklenok, der für den Schnitt des Bildmaterials verantwortlich sein wird. Bei so einem Projekt lerne man „extrem viel dazu“, sagt sein Firmenpartner Kevin Anders, der sich besonders für die visuellen Effekte eines Films interessiert und nach seinem Abitur an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ studieren möchte.
In ihrem ersten Auftrag müssen sich die Schüler mit einem Stück Filmgeschichte auseinandersetzen, zu dem sie vorher kaum Bezug hatten. „Am Anfang dachte ich, es wird langweilig“, gesteht Katharina Bruckner. Doch die Langeweile verflog schnell bei einem ersten Rundgang durch das Archiv, in dem Hunderttausende Bild- und Tondokumente der deutschen Rundfunkgeschichte lagern.
Damit die empfindlichen alten Materialien keinen Schaden erleiden, ist die Temperatur in einigen Abteilungen stets auf kühle16 Grad Celsius eingestellt, die Luftfeuchte bleibt immer konstant. „Das Faszinierende war auch die ganze alte Technik von früher, die teilweise auch noch funktionstüchtig war“, erzählt Dimitri Taklenok.
Auch einen zweiten Auftrag hat die Schülerfirma bereits in der Tasche: Für eine Ausstellung im Schloss Moritzburg soll ein „Making of“ des DEFA-Märchenfilms „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ produziert werden. Schauspieler und Mitwirkende des Films werden dazu befragt und die Dreharbeiten an originalen Filmschauplätzen wie etwa dem Schloss Moritzburg rekonstruiert.
Das Geld, das mit den Produktionen eingenommen wird, fließt in neue Investitionen. „Wir beabsichtigen nicht, Gewinne mit unserer Arbeit zu machen, sondern von dem Geld neue Technik und neue Software für unsere Firma zu kaufen, um unsere Arbeit zu verbessern“, so Fleischer.
Heike Kampe
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