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Jubilare. Potsdams Lange Kerls feierten ihr 20-jähriges.

© Andreas Klaer

Von Erhart Hohenstein: Preußen realistisch

Lange Kerls feierten ihr 20-jähriges Bestehen Jakobs: Stadt wurde stets würdig vertreten

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Die „Langen Kerls“ haben die Landeshauptstadt stets würdig vertreten. Das gestand Oberbürgermeister Jann Jakobs gestern Abend im Kutschstall dem Uniformverein zu, der den 20. Jahrestag seiner Gründung feierte. Die Riesensoldaten ab 1,88 m Länge seien nicht nur eine touristische Attraktion, sondern setzten sich ernsthaft mit der preußischen Geschichte auseinander und vermittelten sie auf lebendige Art.

In diesem Zusammenhang bedauerte Jakobs, dass linksgerichtete Jugendliche durch beschämende Aktionen den Langen Kerls über Jahre „übel mitgespielt“ hatten. Deshalb mussten die öffentlichen Auftritte in der Innenstadt eingestellt werden. Das Schauexerzieren findet seitdem jeden ersten Sonnabend von 11 - 15 Uhr im Krongut Bornstedt statt.

Bildungsstaatsekretär Burkhard Jungkamp überbrachte die Grüße von Ministerpräsident Matthias Platzeck. Zuvor hatte der Vereinsvorsitzende Matthias Leyer die vielen erfolgreichen Auftritte erwähnt, bei denen die Truppe zu einem Botschafter für Potsdam wurde. So traten sie bei der Steubenparade in New York, in der Militärakademie West Point, in Japan, Brasilien, Italien, Polen oder England, bei der Visite von Queen Elisabeth in Cecilienhof oder bei einem Besuch von Bundeskanzlerin Merkel im Berliner Zeughaus auf.

Der Direktor des Geheimen Staatsarchivs Dahlem, Prof. Dr. Jürgen Kloosterhuis, berichtete in Episoden über den Weg der Langen Kerls, den er fast von Anfang an als fachkundiger Berater mitgegangen ist. Der Verein habe wesentlich dazu beigetragen, die preußische Militärgeschichte realistisch darzustellen und „Ängste und Verklemmungen“ abzubauen. Dabei habe er auch die negativen Seiten wie die harten Militärstrafen nicht ausgespart. Im Vorjahr hatte er seine Forschungsergebnisse über den auf dem Bornstedter Friedhof begrabenen Langen Kerl und Weinhändler Heinrich Wilhelm Wagenführer in einer Schrift veröffentlicht.

Kloosterhuis übergab an Matthias Leyer den verkleinerten Nachguss der Skulptur eines aus Norwegen stammenden Riesengrenadiers Jonas Heinrichsohn, wie sie auf der alten Langen Brücke gestanden hatte. Zu den Gratulanten gehörten auch Klaus Borisch für die ehemaligen Schüler des Militärwaisenhauses, das ebenso wie die Riesengarde vom Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. gegründet worden war. Schlosskastellanin Erika Weise lud die Truppe für das ersten Septemberwochenende nach Königs Wusterhausen ein. Dort wird das Jubiläum als Biwak gefeiert. Gleichzeitig jährt sich die Wiederherstellung des Jagdschlosses zum 10. Mal. Es war Kronprinzensitz des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I., der hier eine Gruppe hoch gewachsener Jagdtreiber als Ausgangspunkt für die Langen Kerls rekrutierte. In Potsdam soll am 19. Juni auf dem Neuen Markt erstmals wieder eine öffentliche Musterung zur Nachwuchsgewinnung stattfinden. Die Altersspanne reicht von 18 - 60 Jahren.

Im Mai 1990 war der Verein nach dem Vorbild des "Reglements vor die Königl. Preußische Infanterie" (1726) durch den Potsdamer Gerichtsmediziner Dr. Kurt Markert ins Leben gerufen worden. Zurzeit gehören ihm 68 Mitglieder an, darunter mehr als 40 Aktive. Zum Jubiläum will er die Bewaffnung, Ausrüstung und Bekleidung der Truppe weiter dem Originalzustand annähern. Dies kann nur schrittweise verbessert werden, kostet doch allein eine der durch Spezialisten originalgerecht geschneiderten Uniformen um 5550 Euro.

Erhart Hohenstein

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