Landeshauptstadt: Privatkapital für Weiterbau der Wetzlarer Straße?
Erste Bürgerversammlung zum Verkehrskonzept brachte vor allem Ernüchterung, weil Geldnot herrscht
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Schlaatz – Ein „dickes Brett“ müsse die Stadt Potsdam bohren, um die Wetzlarer Straße ins Industriegebiet zu verlängern. So umschrieb Baudezernent Matthias Klipp (Bündnisgrüne) am Dienstagabend auf der ersten von insgesamt vier vorgesehenen Bürgerbeteiligungen zum „Stadtentwicklungskonzept Verkehr“ die Schwierigkeit des Vorhabens.
Die Verlängerung der Wetzlarer Straße zum Industriegebiet steht seit fast 20 Jahren auf der Tagesordnung. Der Straßenneubau scheiterte bisher am fehlenden Geld. Jetzt ist er als eines der großen Investitionsvorhaben im Verkehrskonzept bis 2025 enthalten. „Wann es losgeht, kann ich nicht sagen“, bekannte Klipp. „Ein dickes Brett bohren“ heißt nämlich nichts anderes, als die bisher nirgendwo eingeplanten Mittel zusammenzubekommen. Er denke unter anderem an eine Kombination aus privater und öffentlicher Finanzierung. Es gebe private Anlieger, die Interesse an der Straße hätten und diese würden sich eventuell finanziell beteiligen. Die Stadt müsse dann nur ihren Eigenanteil leisten.
Klipp denkt auch an eine „Abwägungsentscheidung“ zwischen den geplanten neuen Tramlinien und der Verlängerung der Wetzlarer Straße. Drei neue Straßenbahnlinien sind weitere Großinvestitionen im Verkehrskonzept. Es geht um die Verlängerung der Nord-Strecke bis zum noch nicht vorhandenen Campus Jungfernsee und um die Linien nach Golm sowie vom Stern über die Großbeerenstraße zum Hauptbahnhof.
Die beiden letzteren Vorhaben stehen stark in der Kritik. Die Hauptargumente: In der Großbeerenstraße würden nur wenige Menschen erreicht, die Querung am Bahnhof Medienstadt sei ungeklärt und wahrscheinlich unbezahlbar. Außerdem habe Babelsberg bereits eine Tramverbindung bis zur Fontanestraße. Deren Verlängerung zur Medienstadt sei sinnvoller. In Eiche und Golm haben sich Initiativen gegen die Querung der Ortslage durch Schienen formiert. Davon sollen private Grundstücke betroffen sein.
Für alle drei Tram-Projekte gibt es derzeit keine finanzielle Sicherheit. Aus dem Verkehrskonzept geht hervor, dass für die neuen Linien nach Golm und durch die Großbeerenstraße allenfalls die Planungen in den nächsten Jahren fertig sein könnten. So bleibt einzig die Verlängerung der Strecke nach Norden realisierbar, was vom Tempo der Entwicklung des Campus am Jungfernsee abhängt.
Klamme Kassen bremsen die Nachhaltigkeit der Verkehrsentwicklung an allen Ecken und Enden. So sieht sich die Stadt nicht in der Lage, die Fußwege barrierefrei in Ordnung zu bringen. Klipp bedauerte das, denn intakte Straßen und Gehwege seien das Kapital einer Stadt, doch das hierfür eingeplante Budget reiche nicht aus. Ähnlich sieht es bei der Instandsetzung vorhandener Straßen aus. Wegen nicht ausreichender Mittel würden diese „auf Verschleiß gefahren“, sagte der zuständige Fachbereichsleiter Norbert Praetzel kürzlich auf einer Bürgerversammlung. Günter Schenke.
Günter Schenke.
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