Das generische Femininum: Pro
Dirk Becker hatte schon lange nicht mehr so viel Spaß: Die Grundidee ist gut, die Auswirkung gering. Trotzdem schreien seine männlichen Kollegen auf, als hätte man sie in den kleinen, aber feinen Unterschied gekniffen.
Stand:
Zuerst ein Bekenntnis: Ich bediene täglich und mit größter Freude das Klischee des formvollendeten Machos. Besonders glücklich macht es mich, wenn mein Gegenüber auf diesen Blödsinn anspringt, weil es glaubt, ich meine es wirklich so. Vor allem Frauen sind dafür sehr anfällig. So hat mir in den vergangenen Jahren das krampfhafte Hin und Her um „Schüler und Schülerinnen“ und „DozentInnen“ und und und sehr viel Spaß bereitet. Die Grundidee dahinter habe ich aber immer begrüßt. Nun hat sich die Universität Potsdam dazu entschlossen, in Zukunft in der Geschäftsordnung des Senats das generische Femininum zu verwenden. Das ist vollkommen korrekt und nur zu begrüßen. Jetzt macht es mir besondere Freude, wenn deswegen meine männlichen Artgenossen aufschreien, als hätte ihnen gerade jemand in den kleinen, aber feinen Unterschied gekniffen. Herrlich, wie dieses niedliche Suffix -in Kastrationsängste auszulösen vermag.
Sprache ist patriarchalisch geprägt. Das ist ein Fakt. Wenn vom Lehrer und vom Arbeiter, vom Sänger und vom Künstler, vom Direktor und vom Präsidenten die Rede war, dann war da jahrhundertelang die Rede von Männern, weil nur diese, bis auf wenige Ausnahmen, dafür bestimmt waren. Nun hat sich diese patriachalische Bestimmung längst überholt, sprachlich aber sind wir noch immer dem patrichalischen Gestus verhaftet, wenn Künstler, Arbeiter, Direktoren und Präsidenten als Sammelbegriffe für Männer als auch Frauen dienen. Nun könnte man argumentieren, dass dies auch so bleiben soll, weil es sich ja bewährt hat. Da kann ich nur einen meiner Lieblingswitze zitieren: Warum wurde die Frau jahrhundertelang unterdrückt? Weil es sich bewährt hat.
Wenn die Universität Potsdam in Zukunft von Dozentinnen und Professorinnen spricht, sind damit Männer und Frauen gemeint. Das ist korrekt, fair und zeitgemäß. Im Einzelfall bleibt der Herr Professor und der Herr Dozent suffixfrei. Dass wir uns mit der Aussprache schwer tun, ist verständlich. Und dass auch mir angst und bange wird, wenn ich nur daran denke, welche Auswüchse das nehmen kann, gebe ich hier ehrlich zu Protokoll. Derweil ergötze ich mich an den Panikattacken meiner männlichen Kollegen, die mir unterstellen, ich würde mich „selbst enteiern“ oder mich „Klemmschwester“ nennen. So viel Spaß habe ich schon lange nicht mehr gehabt!
Dirk Becker
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: