
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Pro Potsdam überbietet Mietspiegel
Im Bornstedter Feld werden bis zu 9,25 Euro netto kalt verlangt / Scharfe Kritik vom Mieterverein
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Bornstedter Feld - Die kommunale Pro Potsdam vermietet neue Wohnungen teurer, als der aktuelle Mietspiegel empfiehlt. So müssen für eine der 90 Wohnungen, die die Pro Potsdam derzeit im Bornstedter Feld bauen lässt, je Quadratmeter bis zu 9,25 Euro netto kalt hingeblättert werden.
Die Pro Potsdam führt damit das im letzten Jahr von ihr selbst mit ausgearbeitete Papier ad absurdum, das als höchsten überhaupt denkbaren Mietrichtwert im Stadtgebiet maximal neun Euro kalt vorschlägt. Im Preissegment der Wohnungen zwischen 60 und 90 Quadratmeter – in dem die meisten der 90 neuen Wohnungen liegen – ist die Diskrepanz sogar noch größer. Während der Mietspiegel hier eine Höchstkaltmiete von sieben Euro vorsieht, muss der Bornstedt-Interessent mindestens 8,60 Euro berappen. Die gleichen Mieten ruft die Pro Potsdam auch bei einem Neubauvorhaben auf. In der Babelsberger Paul-Neumann-Straße sollen ebenfalls 8,60 bis 9,20 Euro netto kalt fällig werden.
Pro Potsdam-Chef Horst Müller-Zinsius verteidigte gestern die üppigen Kaltmieten für die neuen Wohnungen in der Johannes-Lepsius-, Karen-Jeppe- und Richard-Schäfer-Straße, die im Oktober beziehungsweise November bezugsfertig werden sollen. Heutzutage könne man Wohnungen frei finanziert nicht unter „acht oder neun Euro“ bauen, sagte er bei der Besichtigung einer Musterwohnung. „Selbst wenn man uns das Baugrundstück schenken würde, sinkt die Miete nur um 0,70 oder einen Euro“, so Müller-Zinsius. Zugleich verwies der Pro-Potsdam-Chef auf die geringeren Nebenkosten. Da das Bauvorhaben modernsten Energiestandards entspreche, habe der Mieter dort ein „entscheidendes Plus“. Zudem könne man besserverdienenden Pro-Potsdam-Mietern, die mit ihrem bisherigen Domizil nicht mehr zufrieden seien, so eine Perspektive bieten. Frei werdender billigerer Wohnraum käme dann wieder jenen zugute, die ihn auch wirklich benötigten, erklärte Müller-Zinsius.
Beim Mieterverein Potsdam und Umgebung e.V. haben die Forderungen des kommunalen Unternehmens gestern scharfe Kritik ausgelöst. Die Mieten seien „extrem hoch“ und „nicht nachvollziehbar“, sagte Britta Küpper, Rechtsanwältin beim Mieterverein, auf PNN-Anfrage. Das Argument der hohen Baukosten steche schon deshalb nicht, weil die Kreditzinsen derzeit „absolut im Keller“ seien, so Küpper. Zudem dürfe wirtschaftliches Denken nicht so weit gehen, sich jeden Euro der Baukosten wieder über die Miete hereinzuholen. „Ein kommunales Wohnungsunternehmen sollte nicht das Interesse verfolgen, die Mietpreise in die Höhe zu treiben“, kritisierte Küpper. Es gebe inzwischen private Bauherren, die deutlich niedrigere Mieten verlangten als die Pro Potsdam.
Ungeachtet der Preise ist die Nachfrage nach den Neubauwohnungen im Bornstedter Feld jedoch groß. Für ein Viertel habe man bereits Reservierungen, sagte Christiane Kleemann, Chefin der zur Pro Potsdam gehörenden Gewoba. Die Dachgeschosswohnungen seien bereits alle weg, auch jene im 2. Obergeschoss fänden großes Interesse. Die Ausstattung ist durchaus gediegen: Eichenholzparkett, Terrasse oder Balkon für jede Wohnung, elektrische Rollläden an allen Fenstern. Zudem sind die Wohnungen weitgehend barrierefrei. Gebaut nach modernen Energiestandards, liegen die Wärmeverluste 30 Prozent unter den gesetzlich geforderten Werten. In allen Viergeschossern erleichtern Aufzüge auch älteren Bewohnern das Erreichen ihrer Wohnungen.
17,3 Millionen Euro investiert die Pro Potsdam im Bornstedter Feld. Pro Jahr will das Unternehmen laut Selbstverpflichtung künftig mindestens 100 neue Wohnungen bauen. Peer Straube
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