zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Pro Sozialfonds

Sozial benachteiligte Kinder sollen kostenloses Schulessen bekommen – aber wie?

Stand:

Für einen Schulfonds, aus dem das Mittagessen für bedürftige Kinder bezahlt wird, haben sich gestern Abend Schulleiter von Potsdamer Schulen ausgesprochen. Ein solcher Fonds würde helfen, den Kindern ein warmes Mittagessen zu ermöglichen, sagte Elvira Eichelbaum von der Priesterweg-Grundschule in Drewitz. Allein an ihrer Schule würden 150 der 360 Schüler von Hartz IV leben. Es gebe Kinder, „die richtig ausgehungert“ aus dem Unterricht kämen. Auch die Schulleiter der Weidenhof- und Dortu-Grundschule sowie der Fontane-Oberschule haben sich für den Fonds ausgesprochen, aus dem mehr bezahlt werden könnte als das Essengeld. Gudrun Wurzler von der Dortu-Schule sieht darin auch eine Möglichkeit, benachteiligten Kindern eine Klassenfahrt oder Unterrichtsmittel zu bezahlen.

In Potsdam soll es ab dem neuen Schuljahr kostenloses Schulessen für bedürftige Kinder geben. 1500 Kinder im Schulalter würden von Hartz IV leben, die Kosten für das kostenlose Essen für sie sind mit 600 000 Euro pro Jahr beziffert worden. Bedürftig ist nach bisheriger Definition, wer von den Rundfunkgebühren befreit ist. Ebenso wie die vier Schulleiter warnte Uta Kitzmann von der Arbeitsgemeinschaft zur Grundsicherung Arbeitssuchender (Paga) vor einer allzu strikten Grenze zwischen bedürftig und nicht bedürftig. Die Sprecherin der Paga erklärte, es gebe viele Familien, die nur knapp über der Bemessungsgrenze für Hartz IV lägen und mit dem Geld genauso haushalten müssten. Optimal sei ein kostenloses Mittagessen für alle Schüler, sagten die Schulleiter unisono. Eine Stigmatisierung der Kinder müsse vermieden werden, meinte Hans-Jürgen Scharfenberg (Die Linke), der die „Anhörung“ zum kostenlosen Schulessen veranstaltete. Er wolle gemeinsam mit Schulleitern und Experten den besten Weg dafür finden – bisher sei dies für ihn, den Eltern der bedürftigen Schüler das Geld über die Paga zukommen zu lassen. Die Paga solle eine Möglichkeit finden, das Geld direkt zu überweisen oder den Betroffenen ein Schreiben zu geben, auf dessen Grundlage die Kinder kostenloses Essen bekommen. Eine Übermittlung der Namen von Betroffenen an die Stadt ist laut Kitzmann wegen des Datenschutzes nicht möglich. Auch eine direkte Überweisung sei nicht möglich, weil das Computersystem der Paga deutschlandweit genutzt werde und nicht separat für eine Stadt erweitert werden könnte.

Jürgen Weber vom Verein Hartz-IV-Betroffener sieht den Schulfonds – eine Idee der Brandenburger SPD – bisher ebenfalls als möglichen Weg. Kindergelderhöhungen seien dagegen zwecklos, da sie den Zuschüssen durch das Amt gegengerechnet würden. Auch der Gedanke, die Eltern könnten jeden Tag für ihre Kinder kochen, sei aufgrund der gestiegenen Energiepreise nicht realistisch. Betroffenen würde vom Amt eine Pauschale für Stromkosten bezahlt – wenn sie jetzt jeden Mittag kochen, könnten sie die Stromrechnung nicht mehr bezahlen. Ohnehin sei mit dem Hartz-IV-Zuschuss von zweieinhalb Euro pro Kind und Tag keine gesunde Ernährung möglich. Jan Brunzlow

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })