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Landeshauptstadt: „Problematisch ist, dass die CDU keine Konsequenzen zog“

Jochen Bäumel von Transparency International über Lehren aus der Stadtwerke-Affäre und weiteren Verbesserungsbedarf

Stand:

Herr Bäumel, Sie haben nach der Stadtwerke-Affäre für die Antikorruptionsorganisation Transparency International in der Transparenzkommission neue Regeln für Potsdams kommunale Unternehmen vorgeschlagen. Haben Sie nach dieser Arbeit den Eindruck, dass Potsdam aus der Affäre gelernt hat?

Ja, den habe ich. Während wir in der Kommission saßen, hat Oberbürgermeister Jann Jakobs bereits auf Anregungen der Kommission reagiert. Er ließ Antikorruptionsbeauftragte in den Unternehmen einsetzen und hat sich dafür eingesetzt, dass das bis dato geheime Sponsoring der städtischen Unternehmen offengelegt wurde. Auch das Beteiligungsmanagment im Rathaus ist dem Oberbürgermeister nun direkt unterstellt – und er hat sich komplett aus den Aufsichtsräten der Unternehmen zurückgezogen, um sich auf seine Position als Gesellschafter zu konzentrieren. Das zeigt alles, dass Konsequenzen gezogen worden sind.

Das klingt positiv. Doch wo in Potsdam gibt es jetzt noch Verbesserungsbedarf in Sachen Transparenz?

Transparency hätte sich beispielsweise gewünscht, dass das passive Sponsoring konsequent offengelegt wird – also wenn kommunale Unternehmen von außen unterstützt werden. Da geht es zum Beispiel um Zuwendungen, die das Klinikum „Ernst von Bergmann“ möglicherweise aus der Pharma-Industrie erhält. Und auch das Kultursponsoring hätte man offenlegen können – die Angst, dass deswegen Sponsoren abspringen könnten, kann ich nicht nachvollziehen.

Warum nicht?

Wenn ein Unternehmen ein Kulturereignis sponsert, muss es doch keine Angst haben, dass deswegen Kritik geübt wird. Kultur ist doch ein neutrales, allgemein befürwortetes Gut.

Was könnte noch besser laufen?

Es gibt in den Unternehmen Antikorruptionsbeauftragte und Revisoren, aber es würde sich lohnen, darüber nachzudenken, ob diese Organisationsform nicht schlagkräftiger gestaltet werden kann. Denn jetzt sind die Beauftragten aus meiner Sicht auf sich allein gestellt und nur dem Geschäftsführer verantwortlich.

Diskutiert wird in Potsdam ein Jahr nach der Affäre weiter über drei Mitglieder des Aufsichtsrats, die Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen zunächst das Vertrauen aussprachen, ehe er gekündigt wurde. Wie bewerten Sie die Tatsache, dass die drei Aufsichtsräte weiter in dem Gremium sitzen?

Das halte ich nach wie vor für problematisch – vor allem, dass die CDU keine Konsequenzen gezogen hat. Sie stellt einen EWP-Aufsichtsrat, dessen Sohn Abteilungsleiter bei der EWP ist. Da besteht ein Interessenkonflikt. Und auch bei der Partei Die Linke hätte ich mir gewünscht, dass sie Vertreter in den EWP-Aufsichtsrat schickt, die keine herausragende Funktion in einem von der EWP gesponserten Verein besitzen.

Transparency setzt sich seit Jahren für mehr Transparenz in der Welt ein – warum ist dieses Prinzip gerade für die kommunalen Unternehmen wichtig?

In solchen Firmen wird mit geballter wirtschaftlicher Macht für die Stadt gearbeitet, teilweise auch mit Hilfe öffentlicher Gelder. In solchen Firmen muss die Kontrolle von Entscheidungen gewährleistet sein. Transparenz behindert dabei auch nicht den wirtschaftlichen Erfolg, sondern schafft für die Öffentlichkeit Vertrauen und ist eine Mahnung an die Verantwortlichen, nicht auf abseitige Gedanken zu kommen.Die Fragen stellte Henri Kramer

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