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Landeshauptstadt: Problemkind in neuen Händen

Die Gartendenkmalpflegerin Anne-Grit Reichelt übernahm die Leitung des Babelsberger Parks

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Babelsberg - Das Problemkind der Potsdamer Welterbeparks ist ab September in neuen Händen: Für Karl Eisbein, der am 31. August 65 Jahre alt wird, übernimmt Anne-Grit Reichelt die Leitung des Babelsberger Parks. Die in Neuruppin geborene junge Landschaftsarchitektin hat nach dem Studium an der Fachhochschule Osnabrück die Potsdamer Buga mitgestaltet und wechselte danach in die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Dort war sie seit 2002 Fachbereichsleiterin für den friderizianischen Lustgarten in Sanssouci und den Park Sacrow. Ihre Diplomarbeit schrieb sie über den Schlossgarten Paretz und absolvierte ab 2007 an der Viadrina in Frankfurt (Oder) einen Studiengang „Schutz Europäischer Kulturgüter“.

In Sanssouci musste Reichelt mit den Besuchern keine Diskussionen führen, dass der Park zum Welterbe gehört. In Babelsberg sieht das anders aus. Hier machen sich Bürgerinitiativen für eine weitgehende Erholungsnutzung der Flächen stark. Mit der Freigabe von Wegen für das Radfahren ist die Stiftung bereits Kompromisse eingegangen, und das hält die neue Parkchefin auch für richtig. Zudem ist eine Fläche der ehemaligen Baumschule nahe der Hofgärtnerei als Liegewiese eingesät worden und wird im Herbst noch mit Bäumen bepflanzt. Im nächsten Jahr soll sie für die Sonnenhungrigen freigegeben werden. Sie setze darauf, dass den Besuchern durch Informationsveranstaltungen und Führungen der hohe Wert des Welterbedenkmals deutlich gemacht werden könne, erklärte Reichelt gegenüber PNN. Dazu solle auch ein neues Projekt für Schulkinder dienen.

Mit ihrem Vorgänger ist sich die Gartendenkmalpflegerin allerdings darin einig, dass der Babelsberger Park als Bestandteil des Welterbes geschützt und auf seine ursprüngliche Gestaltung durch die genialen Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné und dann Fürst Hermann von Pückler-Muskau zurückgeführt werden müsse. Aus der Sicht von Karl Eisbein ist dazu noch ein weiter Weg zurückzulegen. Die Pflege des Parks war bereits nach dem Ende der Monarchie vernachlässigt und in der Nazizeit mit Kriegsbeginn 1939 gänzlich eingestellt worden. Die DDR- Zeit brachte mit der Einfügung von Bauten der Richterakademie und ab 1961 mit der Einbeziehung von Teilen des Parks in das Grenzgebiet gegenüber Westberlin erhebliche Zerstörungen mit sich.

Selbst wenn in Ansätzen schon zu DDR-Zeiten und verstärkt nach dem Mauerfall große Partien des Parks wieder dem ursprünglichen Bild angenähert worden sind, bleibe noch viel zu tun, verdeutlichte Eisbein gestern gegenüber seiner Nachfolgerin. Verlorene Parkbilder, zahlreiche Sichten, Wegeverläufe müssten wiederhergestellt werden. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Flächen, die nach dem kürzlich erfolgten Abriss der ehemaligen Akademiegebäude auf Neugestaltung warten. Von besonderer Bedeutung ist die begonnene Wiederherstellung des Brauchwassernetzes. Es ermöglicht nicht nur den Brandschutz der Gebäude und die Bewässerung der Pflanzungen, sondern später auch die Inbetriebnahme der Bergbäche, Wasserfälle und Fontänen, die den besonderen Reiz des Parks ausmachten.

Mit lediglich zwölf fest angestellten Mitarbeitern, meist Frauen, ist Anne-Grit Reichelt, die von Eisbein einen Monat lang in ihre neue Aufgabe eingeführt worden war, gegenüber anderen Welterbeparks der Stiftung personell schlecht ausgerüstet. Sie will jedoch auf die Erfahrungen ihres Vorgängers zurückgreifen. Wenn sie etwas von ihm gelernt habe, erklärte sie, dann sei es die Hartnäckigkeit, mit der Karl Eisbein seine Ziele zur Erhaltung und Wiedergewinnung des Babelsberger Parks verfolgt habe.

Erhart Hohenstein

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