
© Manfred Thomas
ZUR PERSON: Produkte wie das iPhone
Cafer Tosun über das SAP-Innovationszentrum und Potsdam als IT-Standort
Stand:
Herr Tosun, Sie haben acht Jahre im Silicon Valley in Kalifornien gearbeitet, dem Mekka der IT-Branche. Nun leiten Sie das SAP-Innovationszentrum am Jungfernsee, für das heute der erste Spatenstich erfolgt. Ist das nicht ein Abstieg?
Im Gegenteil, das ist eine große Herausforderung. Im Silicon Valley ist ja schon alles gesetzt, hier muss noch einiges an Arbeit geleistet werden. Das Potenzial ist enorm. Ich habe schon zahlreiche Universitäten und Forschungseinrichtungen besucht, da gibt es richtigen Tatendrang. Der Nährboden, das Know-how ist hier ähnlich wie im Silocon Valley, das spüre ich.
Der Begriff Innovationszentrum lässt viel Interpretationsspielraum. Was machen Sie in der neuen Einrichtung genau?
Wir suchen nach innovativen Softwarelösungen, nach denen die Kunden Schlange stehen. So wie das iPhone. Als das auf den Markt kam, wollten es alle haben. So etwas schwebt uns auch vor. Wir wollen Forschungskonzepte schnellstmöglich zur Marktreife bringen.
Sie sprechen gern von „Anwendungen direkt für den Nutzer“. Nennen Sie dafür bitte ein Beispiel.
Nehmen Sie etwa das Mahnwesen. Das kennt jeder. Man vergisst, etwas zu bezahlen und bekommt ein Mahnschreiben. Bilang funktioniert das Mahnwesen bei vielen Kunden über sogenannte Mahnläufe. Dabei wird in bestimmten Intervallen kontrolliert, bei wem das Unternehmen noch Außenstände hat und wie hoch sie sind. Oft sind diese Intervalle sehr lang, zwei Wochen zum Beispiel. Die von SAP entwickelte In-Memory-Technologie ermöglicht es aber, jederzeit und in Sekundenschnelle abzurufen, von wem ich noch Geld bekomme und wieviel. Das hat erheblichen Einfluss auf das Cash Management, das die Liquidität eines Unternehmens sichern soll.
Sie versprechen sich von der Ansiedlung in Potsdam Synergien mit den zahlreichen Forschungseinrichtungen der Region. Gibt es schon konkrete Kooperationsvereinbarungen?
Es laufen mit vielen Einrichtungen Gespräche. Mit dem Fraunhofer-Institut im Wissenschaftspark in Golm arbeiten wir bereits konkret an einem Projekt mit dem Titel „Sichere Identität“. Dabei geht es unter anderem um Mustererkennung. Ziel ist es, ein Programm zu entwickeln, das zerstörte Dokumente – zum Beispiel kriminelle Bilddarstellungen – wieder zusammensetzt. Das ist zum Beispiel für Ermittlungsbehörden interessant. Außerdem wollen wir praktisch mit allen Universitäten der Region kooperieren, auch mit der Uni Potsdam, der Fachhochschule und natürlich dem Hasso-Plattner-Institut. Rund 200 Studenten sollen ja unser Team verstärken und ihre Ideen in konkrete Projekte einbringen.
Vielfach ist bereits von Silicon Sanssouci die Rede, wenn es um Potsdam geht. Ist das nicht etwas übertrieben?
Nein, ist es nicht. Man muss sich ehrgeizige Ziele setzen. Wenn unser Innovationszentrum erfolgreich ist, können wir uns überlegen, ob wir unser Engagement noch ausbauen. Dann ist das erst der Anfang.
Die Fragen stellte Peer Straube
Cafer Tosun wurde in Sivas, einem Ort an der alten Handelsroute der Seidenstraße, in der Türkei geboren. Aufgewachsen ist der heute 42-jährige Informatiker in Deutschland. Von 2000 bis 2008 arbeitete Tosun für den Software-Riesen SAP in Palo Alto im kalifornischen Silicon Valley. Seit Februar 2011 ist er Leiter des neuen SAP-Innovationszentrums, das jetzt am Jungfernsee gebaut wird. Cafer Tosun ist verheiratet und hat zwei kleine Kinder. pee
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