Bildung: Protest gegen Lehrermangel
Auf dem Potsdamer Luisenplatzz fand am Samstag eine Demo von Schülern und Eltern statt. Dabei wurde auf die prekäre Situation in der Gerhart-Hauptmann-Schule hingewiesen
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Innenstadt - Unter dem Motto „Die Bildung geht baden“ haben am Samstag etwa 350 Schüler und Eltern auf dem Luisenplatz gegen schlechte Lernbedingungen in den Potsdamer Schulen demonstriert. Etliche von ihnen erschienen mit Badehose und Taucherbrille, um das Demo-Motto bildlich zu unterstreichen und badeten im Luisenbrunnen. Organisiert wurde die Protestaktion von den Eltern und Schülern der Gerhart-Hauptmann-Schule. Durch Abbau von Lehrerstunden fällt zunehmend der integrative und der leistungsdifferenzierte Unterricht aus, kritisierte Elternsprecher Sven Stolpe. Ab kommendem Schuljahr gebe es in der Grundschule in der Brandenburger Vorstadt für zwölf Klassen nur noch elf vollwertige Klassenlehrer.
Stolpe forderte als Redner eine Erhöhung der Vertretungsreserve für erkrankte Lehrer. Diese liege derzeit bei drei Prozent aller Lehrer. Angesichts der Tatsache, dass durchschnittlich 2,7 Prozent der Brandenburgischen Lehrer dauerkrank seien, „kann das schon mathematisch nicht funktionieren“, erklärte der Elternsprecher. An der Hauptmann-Grundschule seien von insgesamt 16 Lehrern derzeit vier Lehrer auf Dauer krank geschrieben. Der Schüler Tim berichtete, er habe seine Klassenlehrerin „vor vier Monaten das letzte Mal gesehen“. Ferner setzten sich die Eltern und Schüler für vernünftige Klassengrößen ein – „keine 28 Schüler in einer Klasse“, sagte Stolpe.
„Jede Unterrichtsstunde muss fachgerecht abgedeckt werden“, erklärte die Potsdamer CDU-Vorsitzende Katherina Reiche und machte die rot-rote Landesregierung für die Bildungssituation verantwortlich. Eine gute Bildung sei entscheidend für die Zukunft der Kinder. Angesichts der großen Zahl privater Schulen forderte Reiche, der Staat dürfe „sich nicht von seinen Aufgaben zurückziehen“. Die Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Saskia Ludwig, kritisierte die Sparpläne des Landes im Bildungsbereich. Für 2012 sollen 27 Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen. Statt 350 sollen nur noch 150 Lehrer eingestellt werden. Der CDU-Landtagsabgeordnete Steeven Bretz nahm frühere Erklärungen der SPD-Linke-Koalition aufs Korn, wonach an der Bildung nicht gespart werden dürfe: „Anspruch und Wirklichkeit stimmen nicht überein.“ Uwe Fröhlich, Vorsitzender der Bündnisgrünen in Potsdam, sieht die Landesregierung in der Pflicht, den Lehrermangel zu beseitigen. Zudem müsse jede Schule mindestens einen Sozialarbeiter haben. Fröhlich: „Wir wollen keine Lippenbekenntnisse mehr.“
Susanne Speck, Mutter eines Kindes in der 2. Klasse der Hauptmann-Schule, erklärte, ihr Kind bekomme zu Beginn der dritten Klasse bereits den dritten Klassenlehrer. Die erste Klassenlehrerin sei nach eineinhalb Jahren in den Ruhestand gegangen. Die ihr nachfolgende Referendarin habe keine Stelle erhalten „und wandert nun in ein anderes Bundesland ab“. Jetzt soll eine Sozialpädagogin die Rolle der Klassenlehrerin übernehmen.
Für Aufsehen auf der Demo sorgten die Berichte von Helen und Lena, 6. Klasse, die schon einmal selbst Schüler einer ersten Klasse unterrichteten, weil deren Lehrer krank war. Der Kommentar der beiden: „Hat Spaß gemacht“ – könne aber irgendwie auch nicht die Lösung sein.
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