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Gut und Böse. Design ist für die FH-Forscher auch Bedeutungsarbeit.

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Homepage: Protzen verbietet sich von selbst FH-Studie zu Jugend, Moral und Design

Die Ergebnisse liefern einen hervorragenden Anstoß dafür, selbstkritisch über den Zusammenhang von Moral und Design nachzudenken. Rund 50 Designstudenten der Fachhochschule Potsdam haben im vergangenen Jahr eine Studie erarbeitet, die jetzt in Form einer Publikation vorliegt.

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Die Ergebnisse liefern einen hervorragenden Anstoß dafür, selbstkritisch über den Zusammenhang von Moral und Design nachzudenken. Rund 50 Designstudenten der Fachhochschule Potsdam haben im vergangenen Jahr eine Studie erarbeitet, die jetzt in Form einer Publikation vorliegt. Unter der Leitung des Designtheoretikers Rainer Funke, des Soziologen Harry Hermanns und des Sozialpädagogen Matthias Schreckenbach haben sie Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren aus Potsdam und Berlin interviewt. Die ausgewerteten Gespräche wurden unter dem Titel der Studienveranstaltung veröffentlicht: „Gut und Böse – Moralische Dimensionen von Design bei jungen Menschen“.

„Gut und Böse – das klingt erst einmal sehr altmodisch, ist aber sehr aktuell“, sagt Rainer Funke. Ausgehend von der Erkenntnis, dass Menschen Alltagsgegenstände nicht nur zum rein praktischen Gebrauch nutzen, sondern auch zur „moralischen Selbstvergewisserung“, haben die Studenten insgesamt 19 Jugendliche verschiedener Milieus und Einkommensgruppen darüber befragt, inwiefern sie ihre moralischen Grundsätze an die Gestalt von Gegenständen knüpfen. „Wir sind tagtäglich mit unserer sozialen Standortbestimmung beschäftigt“, erläutert Funke das Projekt. Die Frage, welche Moral hinter den Dingen des Alltags steckt, sei mit den sogenannten „großen moralischen Fragen“ eng verknüpft. Bei der Frage, ob man mit bestimmten Marken protzen dürfe, gehe es um grundsätzliche Fragen und Einstellungen zu Wahrheit und Ehrlichkeit. Die Position der Jugendlichen dazu ist eindeutig: Protzen verbietet sich von selbst.

Einen engen Zusammenhang gibt es zwischen dem Markenbewusstsein der jugendlichen Befragten und deren Einstellung zu Leistungsorientierung und Zielstrebigkeit. Bestimmte Marken stehen offenbar für Erfolg und Leistung. Heranwachsende, die wesentliche Positionen und Werte der Eltern übernommen hatten, bewegen sich in derselben Produkte-Welt wie ihre Eltern. Positive Vorbilder werden durch die Bevorzugung derselben Marken, etwa beim Handykauf, kopiert. Am wichtigsten scheint jedoch die Möglichkeit, über das Design von Produkten, Kommunikationsmitteln und Marken sich einer sozialen Gruppe zugehörig zu zeigen. Funke bestätigt das: „Design ist Bedeutungsarbeit.“ Wie sehr - bewusst oder unbewusst - Jugendliche bestimmte Marken einsetzen, um ihren Träumen näher zu kommen, lässt sich anhand der Interviews erahnen. „Die Suche nach Identifikation über die Produkte-Welt hat sich intensiviert“, so die Beobachtung eines Designstudenten.

Die Entstehung der Publikation war finanziell durch das Preisgeld aus dem Wettbewerb „Exzellenz in der Lehre“, den die Fachhochschule Potsdam 2010 gewann, möglich geworden. Den angehenden Produktdesignern wurde somit nicht nur forschendes Lernen im Studienalltag ermöglicht, sondern auch ein Anlass gegeben, ihr berufliches Selbstverständnis moralisch zu reflektieren. „Die Studierenden sollten sich mit ihren eigenen Ideen, Vorurteilen und Beziehungen zu den Interviewten auseinandersetzen und sensibler für die Verantwortung werden, die sie als Produktdesigner haben“, sagte Matthias Schreckenbach. Das scheint gelungen zu sein. Zur Überraschung der Dozenten hatte es unter den Seminarteilnehmern eine intensive Diskussion darüber gegeben, wie freizügig mit den Interviews umgegangen werden sollte. Um die Jugendlichen zu schützen wurden dann Pseudonyme gewählt. Maren Herbst

Maren Herbst

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