Landeshauptstadt: Prozess: Rechter Anwalt bekommt Geld vom Staat
Gestern zweiter Verhandlungstag / Richterin macht Angebot: Strafmaßabsprache gegen Geständnis
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Innenstadt – Der als rechtsextrem geltende Anwalt Wolfram Nahrath kann als Vertreter der Nebenklage im Julia S.-Prozess mit Geld vom Staat rechnen. Dies berichteten gestern Prozessteilnehmer des Verfahrens gegen fünf Potsdamer Jugendliche aus der linken Szene, die sich wegen gefährlicher Körperverletzung an einem jungen Mann aus der rechten Szene verantworten müssen.
Danach habe Richterin Angelika Eibisch für Nahraths Mandanten Benjamin Oe. die Möglichkeit eingeräumt, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Das Pikante daran aus Sicht der Verteidigung: Diese Hilfe des Staates für Nebenkläger könne im Normalfall nur bei Kapitalverbrechen gewährt werden. Diese Sachlage sei laut Eibisch durch die erst erhobene Anklage gegen Julia S. wegen versuchten Mordes gegeben. Diese Anklage wurde nach einem gerichtsmedizinischen Gutachten inzwischen aber auf gefährliche Körperverletzung herabgestuft. Allerdings besteht der Vorwurf gegen die junge Frau formaljuristisch weiter: Am Montag, dem ersten Prozesstag, war aber der gerichtliche Hinweis über die Abschwächung der Anklage öffentlich verlesen worden. Seitdem ist der Prozess – nach Antrag einer zur Tatzeit noch minderjährigen Beschuldigten – nicht mehr öffentlich.
Laut den Beteiligten soll Richterin Eibisch gestern auch erneut das Angebot gemacht haben, die Strafmaße für die fünf Beschuldigten abzusprechen, wenn diese ein Geständnis ablegen. Zudem sei die Lebenssituation von zwei der Angeklagten kurz erörtert worden. Der Prozesstag endete gestern nach 45 Minuten, fortgesetzt wird das Verfahren nächsten Montag.
In dem Verfahren geht es um einen Überfall in der Nacht vom 18. auf den 19. Juni 2005. Damals sollen Julia S. und vier weitere Angeklagte Benjamin Oe. als stadtbekannten Rechtsextremen erkannt, bis zum Café Heider am Nauener Tor gejagt und dort zusammengeschlagen haben. Laut Staatsanwaltschaft habe der Beschuldigte Arend L. dabei mit einem Teleskopstock einmal auf den Kopf des Opfers geschlagen. Da die Staatsanwaltschaft zunächst von versuchtem Mord ausging, musste Julia S., zur Tatzeit die einzige Volljährige der Gruppe, für fünf Monate in Untersuchungshaft. Dies hatte zu heftiger Kritik an der Staatsanwaltschaft geführt – auch weil sie „Antifaschismus“ als niedrigen Beweggrund und damit Mordmerkmal gewertet hatte. H. Kramer
H. Kramer
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