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Aus dem GERICHTSSAAL: Prozess wegen Prozessbetrugs

Angeklagte machte während der Zivilverhandlung falsche Angaben

Stand:

„Man belügt das Gericht nicht. Der Gesetzgeber sieht für Zeugen, die bei einer Strafverhandlung falsche Angaben machen, eine Mindeststrafe von drei Monaten vor“, betont die Vorsitzende. Carina C.* (44) schwindelte zwar „nur“ während eines Zivilverfahrens. Doch auch das bleibt nicht ungesühnt. Jetzt sitzt sie wegen Prozessbetrugs auf der Anklagebank des Amtsgerichts.

Die geschiedene Außendienstmitarbeiterin soll im Jahr 2008 von einem Bekannten ein Darlehen von 10 000 Euro erhalten, sich zur fristgemäßen Rückzahlung verpflichtet haben. Doch der Mann wartete vergeblich auf sein Geld. Als alles Mahnen nicht fruchtete, brach er den Kontakt zu Carina C. ab und schaltete einen Rechtsanwalt ein. Anfang Januar 2009 kam es zur Zivilverhandlung vor dem Landgericht. Auch Carina C. hatte sich einen Anwalt genommen. Der zitierte während des Prozesses aus einem Schriftsatz, demzufolge seine Mandantin bereits im Herbst des Vorjahres 8000 Euro an den Bekannten gezahlt habe. Das stimmte allerdings nicht. Auch die vermeintliche Augenzeugin der Geldübergabe, eine Freundin, war von der verschuldeten Carina C. frei erfunden. Das Landgericht durchschaute das Lügengespinst und verurteilte die alleinerziehende Mutter zur schnellstmöglichen Begleichung des Darlehens.

Vor dem Amtsgericht lässt sich Carina C. von einem anderen Rechtsanwalt vertreten. Er gibt im Namen seiner Mandantin, die mit den Tränen kämpft, eine Erklärung ab. Carina C. bereue die Tat. Sie habe sich damals in einer finanziellen Notlage befunden, zudem keinen Unterhalt vom Vater ihres Kindes erhalten. Auch das Jugendamt habe ihr keinen Vorschuss gewährt.

Um dennoch einigermaßen „flüssig“ zu sein, habe sie den „fatalen Entschluss“ gefasst, ihren damaligen Anwalt und das Gericht zu belügen. Sein Kollege sei darüber sehr enttäuscht gewesen, so der neue Verteidiger. Inzwischen habe sie Privatinsolvenz beantragt. Ein Insolvenzverwalter sei eingesetzt worden. Er verteile monatlich zwischen 330 Euro und 550 Euro an die Gläubiger seiner Mandantin. Deshalb stehe ihr und dem inzwischen achtjährigen Kind nur ein relativ geringer Betrag zum Leben zur Verfügung. Zum Zeichen ihrer Reue sei Carina C. bereit, 200 Euro monatlich an den von ihr Geprellten zu zahlen, sagte der Anwalt.

„Seinen finanziellen Anspruch muss der ehemalige Bekannte der Angeklagten zivilrechtlich durchsetzen, befindet das Gericht. „Wir sehen die Möglichkeit, das Verfahren gegen Zahlung von 1200 Euro an die Landeskasse einzustellen. Ratenzahlung wird gestattet. Die Straftat liegt längere Zeit zurück, die Angeklagte ist bislang nicht vorbestraft. Zudem ist es beim Versuch geblieben.“

Carina C. fällt ein Stein vom Herzen. Sie verspricht, die monatlichen Raten von 200 Euro pünktlich zu zahlen. „Wenn Sie merken, es wird finanziell eng, dann gehen Sie zu Ihrem Rechtsanwalt und betreiben keine Vogel-Strauß-Politik. Noch einmal gibt es ein solches Angebot nicht“, warnt die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. (*Name geändert.) Hoga

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