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Aus dem GERICHTSSAAL: Prügelei am Hauptbahnhof Gericht: Zeugenaussagen schwammig / Freispruch

Tobias T.* ist in Justizkreisen gut bekannt.

Tobias T.* ist in Justizkreisen gut bekannt. In seinem 22-jährigen Leben stand er bereits wegen Urkundenfälschung, Nötigung, gemeinschaftlichen Betruges, gefährlicher Körperverletzung, mehrfach wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis sowie Kennzeichenmissbrauchs vor Gericht. Und immer wieder vergriff er sich an fremdem Eigentum. Sein Bundeszentralregisterauszug weist 57 Fälle einfachen Diebstahls und sechs Fälle von Diebstahl im besonders schweren Fall auf. Der Potsdamer saß auch bereits in Haft. Nach der jüngsten Verhandlung verließ Tobias T. den Saal jedoch als freier Mann. „Die Aussagen der während des Vorfalls stark angetrunkenen Zeugen waren zu schwammig. Eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung lässt sich darauf nicht gründen“, so Amtsrichter Francois Eckardt nach der Beweisaufnahme.

Rückblende: Es ist der 19. Dezember 2005, gegen 21 Uhr. Auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs treffen zwei Gruppen junger Leute aufeinander, die meisten erheblich angetrunken. Der eine Trupp führt einen Kasten Bier mit sich, öffnet die Flaschen. Die Clique von Tobias T. ist ebenfalls durstig, hat aber nichts mehr zu trinken.

„Der Angeklagte fragte mich, ob er ein Bier kriegen könne. Ich sagte nein. Da wurde ich von ihm beschimpft und geschubst“, erinnerte sich Ben B.* (18) im Zeugenstand. „Dann schlug und trat er zu. Die Sache ist irgendwie eskaliert. Plötzlich hatten sich alle in der Wolle. Ich habe auch ein paar Dinger abgekriegt. Dann war auch schon der Sicherheitsdienst da.“ Der Notarzt attestierte Ben B. später eine Schädel- , Nasen- und Rippenprellung.

„Dieser Zeuge fetzte mit nacktem Oberkörper wie ein Tier die Rolltreppe runter und kam auf mich zu“, beteuerte Tobias T. „Er hat mich angegriffen, nicht ich ihn.“ Norman N.* (19) – ein unbeteiligter Augenzeuge – bemerkte nach seinem Kinobesuch ein Gerangel, sah, wie der Angeklagte mit der Faust auf Ben B. einschlug. Max M.* (18), ein Bekannter von Tobias T., sah laut eigener Aussage keinerlei Schläge und Tritte seines Kumpels. Allerdings will er beobachtet haben, wie das spätere Opfer dem Angeklagten nach seiner Bitte um ein Bier in den Rücken sprang. „Er drohte auch, er würde uns alle umbringen“, so der Zeuge.

„Ich war bereits im Knast. Das hat gereicht. Ich habe mir geschworen, nie wieder etwas zu tun, was mich da hin bringen könnte“, betonte Tobias T. in seinem letzten Wort. Der Staatsanwalt verzichtete auf weitere Beobachter des turbulenten Geschehens. „Es kann nicht mehr nachvollzogen werden, wer wen zuerst provoziert und geschlagen hat“, konstatierte er. (*Namen geändert.) Hoga

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