Sport: Punkte verschenkt
Turbine Potsdam spielte gestern daheim gegen Bad Neuenahr nach einer 2:0-Führung nur 2:2
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Am Ende schaute nicht nur Conny Pohlers ratlos in die Runde. Die Torschützenkönigin der vergangenen Frauenfußball-Bundesliga-Saison (36 Treffer) schoss zwar gestern Turbine Potsdam daheim gegen den SC Bad Neuenahr in Führung (24.)., stand mit ihrem Klub am Ende aber mit fast leeren Händen da, denn mit dem Schlusspfiff hieß es 2:2 (2:0) – zu wenig für den Titelverteidiger, der nur Tabellensechster ist. „Ja, ich hätte das 3:1 machen müssen“, gestand die 27-jährige Nationalspielerin, die in der 71. Minute aus halbrechter Position eine Riesenchance versiebte.
Ratlos schaute auch Stefanie Draws nach dem Abpfiff drein. Zunächst hatte der Turbine-Neuzugang sein erstes Bundesliga-Tor erzielt: Pohlers flankte von links in den Strafraum, wo Draws noch zwei Gegenspielerinnen austanzte und mit trockenem Schuss zum 2:0 traf (28.). Die Welt schien in Ordnung – bis zur 85. Minute, in der Bad Neuenahrs Nationalspielerin Isabell Bachor vorm Strafraum Draws ausspielte und Celia Okoyino da Mbabi bediente. Und die bedankte sich mit dem 2:2 (85.), nachdem ihr zuvor schon das 2:1 ebenfalls nach Bachor-Vorarbeit gelungen war (51.). „Wir sind selbst schuld an diesem Punktverlust“, räumte Draws, den Tränen nahe, ein, während da Mbabi verständlicherweise strahlte: „Wir haben ein 0:2 aufgeholt und damit Moral bewiesen. Ein 2:2 bei Turbine ist doch super.“
Ratlos waren auch die meisten der 842 Zuschauer – unter ihnen DFB-Präsident Theo Zwanziger und DGB-Chef Michael Sommer – beim Betrachten der zweiten Halbzeit eines insgesamt schnellen, guten Frauenfußballspiels. Hatten Turbines Kickerinnen vor der Pause mit guten Spielzügen und beherzten Zweikämpfen geglänzt, so schienen sie danach alle Tugenden in der Kabine gelassen zu haben. Sie agierten oft fahrig, überließen das Mittelfeld fast komplett den Gästen, leisteten sich immer wieder Abspielfehler und vergaben ihre Chancen, die sie beim offenen Schlagabtausch dennoch hatten. Allein Ariane Hingst hatte drei Riesenmöglichkeiten (57., 66., 72.), fand aber in Bad Neuenahrs Klasseparaden zeigenden Schlussfrau Kerstin Wasems ihre Meisterin. „Kerstin hat phantastisch reagiert und uns mit den einen Punkt gesichert“, erklärte später auch SC-Trainer Dietmar Schacht.
Selbst Bernd Schröder saß noch lange nach dem Abpfiff mit versteinertem Gesicht auf Potsdams Trainerstuhl und versuchte zu verinnerlichen, was da gerade geschehen war. Er hatte seine Mannschaft, in der die erkrankte Aferdita Kameraj fehlte, völlig umgestellt, Inken Becher aus der Abwehr ins Mittelfeld gezogen und vorn Hingst und Pohlers als hängende Spitzen hinter Isabel Kerschowski agieren lassen. Ein Schachzug, der aufging – bis zum Pausenpfiff. „In der ersten Halbzeit haben wir seit langem mal wieder den Fußball gespielt, den wir uns wünschen. Aber dann Ich bin maßlos enttäuscht. So darf man ein 2:0 nicht mehr aus der Hand geben“, schimpfte er. Ganz will sich Schröder nach diesem Rückschlag im Titelkampf noch nicht von der Chance verabschieden, wieder Deutscher Meister zu werden. „Die Saison ist noch lang“, sagte er. Pohlers meint dagegen: „Die Meisterschaft müssen wir jetzt wohl endgültig abschreiben.“
Turbine: Angerer; Peter, Kuznik, Draws; Sainio, Carlson, Becher, Zietz; Hingst, Pohlers; I. Kerschowski (69. Schmidt).
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