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Warten auf die Restaurierung: Vase und Putten auf dem Dachgesims des sanierten Ungerbaus Charlottenstraße 27.

© Andreas Klaer

Von Erhart Hohenstein: Putte ohne Arm, Vase ohne Deckel

Restaurierung des Unger-Baus Charlottenstraße 27 ohne Skulpturenschmuck

Stand:

Innenstadt - In hellen Farben leuchtet die Fassade des Barockhauses Charlottenstraße 27, das von Wittfoth-Bau saniert wurde. Hier entstehen auf insgesamt 800 Quadratmeter Fläche elf Eigentumswohnungen. Unschön kontrastiert damit aber der von Witterung und Straßenstaub geschwärzte Sandsteinschmuck auf dem Dachgesims. Der Vase fehlt der Deckel, einer der beiden Putten ein Arm. Die Girlanden zwischen der Vase und den beiden Figuren sind ganz verschwunden.

Nach PNN-Recherchen sind Vasendeckel und Puttenarm jedoch bereits erneuert. Sie lagern in der Werkstatt des Steinmetzmeisters Lutz Schummel, der dafür von Wittfoth-Bau den Auftrag bekommen hatte. Wegen einer nicht bezahlten Zwischenrechnung, wie sie bei materialintensiven Arbeiten üblich sei, habe er die Stücke einbehalten, sagt Schummel. Von dem Streit betroffen ist auch die Steinrestauratorin Anja Kiss, die die Schadenskartierung für die Skulpturen vorgenommen hatte und nach Zustimmung der Stadtdenkmalpflege mit der Einbeziehung in die Restaurierung rechnen konnte, so für die arbeitsbegleitende Maßnahmedokumentation, für die Farbfassungen, für ein Angebot zur Erneuerung der Girlanden und für die Entfernung der Verkrustungen auf den Putten.

Wittfoth-Bau bestätigte diese Absprachen, die am 1. Oktober 2009 auf einer Baubesprechung getroffen worden sein sollen, jedoch nicht. Das Unternehmen erstellte keinen Maßnahmekatalog für die Restaurierung, damit gab es auch keine Kostenschätzung. Letztlich empfand Mitgesellschafter Karl Geyer seitens der Bauträgergesellschaft die Angebote der Restauratoren als „überraschend hoch“ und erklärte, eine moderne Wärmedämmung sei ihm wichtiger als der Bildhauerschmuck. Nachdem sich der Streit hinzog, ließ das Unternehmen das Gerüst abbauen. Damit werden Arbeiten an den Dachskulpturen kompliziert und verteuert.

Die Potsdamer Denkmalbehörde, die wegen ihrer früher großzügigen Öffentlichkeitsarbeit aus dem „gläsernen“ Rathaus mehrfach gerüffelt wurde, verweigerte zu dieser Auseinandersetzung eine offizielle Stellungnahme. Sie verwies lediglich darauf, dass es für den Bauherren kostenseitig eine „Zumutbarkeitsgrenze“ gebe. Was die Charlottenstraße 27 betrifft, können angesichts der sechsstelligen Gesamtsumme für die Sanierung die etwa 4000 Euro für die Restaurierung jedoch kaum als Argument herhalten. Zudem hätte die Denkmalpflege durchaus ein Druckmittel in der Hand: Sie könnte die mit einer Baudenkmalsanierung verbunden finanziellen Vergünstigungen so lange einfrieren, bis auch die Puttengruppe restauriert ist.

Wie Anja Kiss hält der Potsdamer Architekt und Denkmalexperte Christian Wendland, Autor einer Monographie über den Baumeister Georg Christian Unger, die komplette Wiederherstellung des Skulpturenschmucks nicht nur bei der Charlottenstraße 27, sondern für die Sanierung jedes hochwertigen Innenstadtbaudenkmals für unerlässlich. Dies seien die Bauherren der Stadt schuldig. Anscheinend akzeptiert nun auch Wittfoth-Bau diese Forderung. Auf Nachfragen der PNN ließ Geschäftsführer Frank Wittfoth mitteilen, er betrachte die Baumaßnahme nicht als abgeschlossen und werde die Restaurierung der Dachskulpturen veranlassen.

Erhart Hohenstein

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