
© Lutz Boede
ORTSTERMIN: Putziges Pärchen
Unterschiedlicher können Stadtverordnete nicht sein: Während Lutz Boede mit der Fraktion Die Andere im ganz linken Lager sitzt, steht Peter Schultheiß mit den Potsdamer Demokraten im konservativen Flügel. Im Winter 2011 verließ Schultheiß gemeinsam mit Wolfgang Cornelius, Vorsitzender der AG Innenstadt, die CDU, um die Potsdamer Demokraten zu gründen – konservativ hin oder her, aber mit so viel innerparteiischem Gezänk wolle man sich nicht mehr abgegeben, hieß es damals von Schultheiß.
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Unterschiedlicher können Stadtverordnete nicht sein: Während Lutz Boede mit der Fraktion Die Andere im ganz linken Lager sitzt, steht Peter Schultheiß mit den Potsdamer Demokraten im konservativen Flügel. Im Winter 2011 verließ Schultheiß gemeinsam mit Wolfgang Cornelius, Vorsitzender der AG Innenstadt, die CDU, um die Potsdamer Demokraten zu gründen – konservativ hin oder her, aber mit so viel innerparteiischem Gezänk wolle man sich nicht mehr abgegeben, hieß es damals von Schultheiß. Die Folge: Vorschläge wie die einer Bürgerpatrouille, die nachts die Innenstadt sichern solle. Durchgesetzt hat sich diese Idee mangels Freiwilliger und wohl auch mangels Verbrecher jedoch nicht.
Lutz Boede ist dagegen der Stachel im Fleisch der Konservativen und bekannt für seine Provokationen. Während es im Stadtparlament – und natürlich auch bei den Potsdamer Demokraten – Konsens ist, die Garnisonkirche im Stadtzentrum wiedererrichten zu wollen, stellte sich Boede auf die Straße und sammelte Unterschriften gegen den Wiederaufbau, über 14 000 kamen so zusammen. Dass beide Politiker selig vereint an einem Kneipentisch sitzen, scheint unvorstellbar.
Doch am vergangenen Donnerstagabend trafen die beiden sich in der Babelsberger Kneipe Nowawes in der Großbeerenstraße, in der gewöhnlich eine bunte Babelsberger Klientel verkehrt, Anhänger von Fußballmannschaften wie FC Bierhol’n und Babelsberg 03 – Boedes Wählerschaft sozusagen. Boede hatte die graue Eminenz Schultheiß zum Gespräch geladen, zu ein wenig Smalltalk über die Hausbesetzerszene etwa, in der sich beide bereits gegenüberstanden: Schultheiß war einst Polizeipräsident von Potsdam, Boede Sprecher der Hausbesetzer.
Schultheiß, ganz in Grau, sollte aber auch eine ganz andere Frage beantworten: Wo ist eigentlich das Bernsteinzimmer? Als Kunsthändler getarnt war Schultheiß 1997 nach Bremen gefahren, wo in einem konspirativen Treffen ein Stück des verschollenen Zimmers angeboten wurde, Axel Hilpert war dabei, der „Stern“ soll nach dem Fiasko um die Hitler-Tagebücher auf die Geschichte verzichtet haben, „Spiegel“-Chef Stefan Aust schickte aber einen Reporter mit: Peter Tiede, den späteren PNN-Chefredakteur. Das Bernsteinzimmer aber blieb verschwunden: „Das ist vernichtet“, ist Schultheiß überzeugt.
Später wurde es dann doch politisch, auch wenn das illustre Pärchen eher eine Monty-Python-Version einer Stadtverordnetenversammlung darstellt. Die Flüchtlingsdebatte verlief sich schnell im Sande, das sei Bundespolitik, so Schultheiß, und jemand wie er, der den Mainstream schon als zu links empfindet, wie er sagt, tat an diesem Abend ganz gut daran, sich nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen.
Aber was ist nun das Geheimnis von Schultheiß’ Erfolg, von jemandem, „der mehr Videobotschaften hat als Osama Bin Laden“, wie Boede frotzelt: „Wissen Sie, Herr Boede“, so Schultheiß, „einer Ihrer Vorteile ist ja, dass Sie sehr viel mit Humor nehmen. Und da schaue ich mir gern etwas ab.“ Und so waren die beiden fast schon ein wenig putzig zueinander.
Oliver Dietrich
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