Landeshauptstadt: Pyrrhus-Sieg für die Verwaltung?
Griebnitzsee-Anrainer Kirsch zog Antrag zum Uferweg zurück – die Rechtslage spricht dennoch für ihn
Stand:
Im Streit um den Uferweg am Griebnitzsee in Babelsberg hat die Potsdamer Stadtverwaltung gestern einen juristischen Sieg errungen. Anrainer Wolfhard Kirsch zog einen Eilantrag zurück, der, so Martin Steiner, Vorsitzender Richter der 10. Kammer des Verwaltungsgerichts, ohnehin unzulässig gewesen wäre. Kirsch hatte in seinem Antrag mitgeteilt, dass er beabsichtige, an seinen Grundstücksgrenzen am Uferweg in einem Meter Höhe ein Flatterband anzubringen. Darauf sollte ein Schild mit dem Verweis darauf, dass es sich um ein Privatgrundstück handele und das Betreten verboten sei, angebracht werden. Außerdem wolle er zur Durchsetzung des Verbots einen Wachschutz einsetzen. Mit dem Eilantrag wollte Kirsch nun per Gericht klarstellen lassen, dass die Stadt Potsdam für den Fall, dass er den öffentlichen Uferweg im Bereich seines Privatgrundstückes tatsächlich absperren sollte, keine rechtlichen Möglichkeiten zur Unterbindung der Maßnahme habe. Steiner entschied jedoch, dass es keine juristische Grundlage dafür gäbe, diese Frage per Eilantrag zu entscheiden.
Dennoch könnte sich dieser Erfolg der Stadt als Pyrrhus-Sieg erweisen. Kirsch zeigte sich nach dem Gerichtstermin denn auch äußerst zufrieden. „Ich habe mein Ziel erreicht“, sagte Kirsch – nämlich eine gerichtliche Klarstellung der tatsächlichen Rechtslage im Streit um den Uferweg auf seinem Grundstück. Richter Steiner hatte nämlich in seinen mehr als eine Stunde dauernden Vorbemerkungen – die auch Eingang in den Gerichtsbeschluss fanden – mit ungewöhnlicher Deutlichkeit klargestellt, dass sich die Stadt Potsdam bei der Beurteilung der Rechtslage im Fall Kirsch insgesamt in einer äußerst schlechten Position befinde.
Ausführlich beschäftigte sich der Richter mit den vier strittigen Punkten bei der Beurteilung der Rechtslage. Und stellte fest: Sowohl aus straßenrechtlicher, straßenverkehrsrechtlicher wie auch baurechtlicher Sicht habe die Stadt keinerlei Handhabe, gegen eine Sperrung des Uferweges durch Kirsch vorzugehen. Lediglich ein derzeit noch anhängiges Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht bezüglich der Betretungsrechte laut Naturschutzgesetz lasse noch die theoretische Möglichkeit offen, dass die Stadt eine juristische Chance gegen eine Schließung des seit der Wende öffentlich genutzten Weges haben könnte. Nach Auffassung des Richters werde Kirsch jedoch bei der Berufung Recht bekommen. Für diesen Fall könne Kirsch den Uferweg noch am gleichen Tag sperren, ohne etwas befürchten zu müssen.
Steiner verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Justiz im vergangenen Jahr, als mehrere Anrainer den Uferweg kurzzeitig sperrten, zwar eine Güterabwägung zugunsten der Stadt getroffen habe und die Verwaltung die Absperrung per Ordnungsverfügung beenden konnte. Es sei jedoch sehr zweifelhaft, ob das Gericht bei einer Sperrung durch Kirsch aufgrund der Rechtslage jetzt noch einmal eine solche Entscheidung treffen würde.
Kirsch stellte jedoch klar, dass er das Urteil des Oberverwaltungsgerichts über die Berufung abwarten werde und den Uferweg nicht absperren wolle. Zugleich forderte er – so wie auch Richter Steiner – die Stadt auf, angesichts der Rechtslage endlich ernsthafte Verhandlungen mit den privaten Anrainern aufzunehmen mit dem Ziel einer Einigung über einen weiter öffentlichen Uferweg.
Wie Kirsch sagte, kenne er keinen der privaten Grundstückseigentümer am See, der den B-Plan Griebnitzsee akzeptiere. Dieser sieht einen durchgängigen Uferpark vor. Vielmehr wollten die Eigentümer ihr Grundstück im Uferbereich selbst nutzen. Es gäbe aber Möglichkeiten, sich so darüber zu einigen, dass der Uferweg öffentlich bleibe, so Kirsch.
Martin Fleckenstein, Anwalt der Stadt, betonte, dass sich die Stadt – entgegen der Meinung des Gerichts – zumindest bei der straßenverkehrsrechtlichen Beurteilung der Situation und bei den Betretungsrechten weiterhin im Recht sieht. Potsdams Finanzbeigeordneter Burkhard Exner zeigte sich „verwundert“ über die ausführlichen Äußerungen des Gerichts zur allgemeinen Rechtslage im Fall Kirsch und die Forderung nach Verhandlungen. Die Gespräche zur Umsetzung des B-Plans würden, so Exner, ja bereits laufen. Auch mit Kirsch sei schon gesprochen worden. Allerdings müssten vor weiteren Maßnahmen erst alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, über freiwillige Zugeständnisse der Anrainer die B-Planziele umzusetzen.
Michael Erbach
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