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Links und rechts der Langen Brücke: Qualität ist Glückssache

Guido Berg freut sich über die Ansiedlung der Stiftung Baukultur in Potsdam, denn in kaum einer anderen Stadt wird heftiger über Architektur gestritten

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Die Stiftung Baukultur hätte sich kaum einen besseren Standort wünschen können als die Stadt Potsdam. Nicht nur, weil Berlin mit seinen riesigen städtebaulichen Aufgaben gleich um die Ecke ist. Potsdam selbst hat in Sachen öffentlicher Debatte über die Frage richtigen Bauens einiges zu bieten. Es gibt Städte, da wird über die richtige Art des Bierbrauens oder die bessere Fußball-Mannschaft gestritten, in Weimar, ob Goethe oder Schiller der größere Literat war. In Potsdam dreht sich alles um Barock oder Moderne. Diskutiert wird die Frage, ob die zeitgenössischen Architekten überhaupt das Zeug dazu haben, um die Lücken in dieser Stadt zu füllen. Oder ob nicht doch besser auf die gut-bewährten Formen des preußischen Barock zurückgegriffen werden sollte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürfte das auch das Kernproblem sein, mit dem sich die Stiftung Baukultur herumschlagen wird – mit der Krise und dem damit einhergehenden Glaubwürdigkeitsverlust der modernen Architektur. Schöne Grüße aus dem bröckelnden Brasilia und willkommen in der Höhle des Löwen: Wer in Potsdam der zeitgenössischen Architektur das Wort reden will, muss sich warm anziehen. So sehr es zu wünschen wäre, dass in dieser Stadt die besten Bauten der Gegenwart entstehen, so sehr weiß niemand zu sagen, wie wir zu einer hohen Baukultur in dieser Stadt kommen. Das Potsdamer Fazit laut: Qualität ist reine Glückssache. Das neue Hans Otto Theater ist sehr gut, aber da hat die Stadt immerhin den einzigen deutschen Pritzkerpreisträger Gottfried Böhm rangelassen. Sehen lassen können sich auch einige neue Wissenschaftsbauten. Aber wer will eigentlich wissen, was sich die Architekten dabei gedacht haben, als sie das Potsdam-Center oder das IHK-Gebäude planten? Niemand, denn der stumpfe Geist, aus dem diese Gebäude entstanden, gehört für alle Ewigkeit in die Flasche. Aufgaben für die Stiftung wird es sein, Antworten auf Fragen wie diese zu finden: Wie kann bei hohem Kapitalverwertungsdruck Schönes entstehen, wenn auf dem Markt nur nüchterne Nutzfläche gefragt ist?

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