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Homepage: Rabbinerin aus Potsdam
Die Absolventin des Abraham Geiger Kollegs Antje Yael Deusel wird Rabbinerin in der jüdischen Gemeinde Bamberg
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Die künftige Bamberger Rabbinerin Antje Yael Deusel hat in Potsdam studiert. Den wissenschaftlichen Unterbau hat sich die ledige Rabbinerkandidatin am Potsdamer Abraham Geiger Kolleg geholt. Am 23. November nun wird sie mit vier weiteren Absolventen des Potsdamer Kollegs im bayerischen Bamberg zur jüdischen Geistlichen ordiniert. Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wird dabei mit Antje Yael Deusel eine aus Deutschland stammende Frau im eigenen Land zur Rabbinerin ordiniert.
Die Potsdamer Absolventin will die Menschen in ihrer Gemeinde und darüber hinaus für ihren Glauben begeistern. „Das Judentum ist etwas Wunderschönes“, sagte die 51-jährige Ärztin. Das Judentum sei wie ein altes Haus: Von außen scheine es „schon ein wenig verfallen“. Wenn man aber eintrete, „offenbart sich einem ein richtiger Palast mit wundervollen Dingen“. Die in Nürnberg geborene Deusel sieht ihre Ordination nicht als etwas Besonderes an. Sie freue sich zwar sehr über das Interesse an ihrer Ordination. „Aber manchmal frage ich mich schon, was da so besonderes dran ist. Ich bin halt eine Frau, die ihr Rabbinat antritt“, sagte sie. Irgendeine müsse schließlich den Anfang machen, ergänzte Deusel.
„Ich stamme schon aus der traditionellen Ecke, und ich finde vieles an der traditionellen Auslegung auch gut“, sagte die Rabbinerkandidatin. Da im orthodoxen Judentum Rabbinerinnen nicht denkbar seien, werde sie automatisch der liberalen Richtung zugeordnet. Deusel: „Unser Kantor betreut mehr die orthodoxe Seite und ich mehr die konservativ-liberale Seite.“ Auch nach der Ordination wird die Medizinerin weiter in einer Klinik arbeiten. Die Gemeinde sei zu klein, um sich eine Vollzeit-Rabbinerin zu leisten, sagte sie. Zwischen Medizin und Rabbinat sieht Deusel ohnehin viele Berührungspunkte. „Es geht ja immer um den Menschen, einmal steht das Körperliche im Vordergrund und im anderen Fall das Spirituelle und Psychische“, sagte sie. In ihrer künftigen Doppelrolle greife nun beides ineinander, „lückenlos wie zwei Teile eines Puzzles“.
Nach dem Abitur studierte Deusel Medizin in Erlangen. Nach der Facharztausbildung ließ sie sich in Jerusalem zur Kinderurologin weiterbilden. Seit 1988 arbeitet sie am Bamberger Klinikum. In den vergangenen Jahren absolvierte sie am Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam die Ausbildung zur Vorbeterin und studierte parallel „Jüdische Religion, Geschichte und Kultur“. Für ihre Masterarbeit wählte Deusel ein Thema mit enger Berührung zu ihrem Beruf: „Rituelle Beschneidung unter religionsrechtlichen und medizinischen Aspekten.“ Die lernintensiven Jahre seien ein Kraftakt gewesen, erzählt sie. Er habe „viel Disziplin“ gekostet und den Verzicht auf Freizeit und Urlaub, weil da ja noch der Klinik-Job zu tun war. Als Rabbinerin wird sie weiter auch als Ärztin tätig sein. Jetzt gelte es, in ihrer Gemeinde „unter der Asche die Glut aufzudecken“. Das ist es, was sie unter Tradition versteht.
Das liberale Abraham-Geiger-Kolleg feiert Ende November die vierte Rabbinerordination seit der Gründung vor zwölf Jahren. Die neuen Rabbiner die nun ordiniert werden, sollen in jüdischen Gemeinden in Paris, Bamberg, Mönchengladbach, Niedersachsen und Genf arbeiten. Das Abraham-Geiger-Kolleg wurde 1999 gegründet und arbeitet mit der Universität Potsdam zusammen.Die ersten drei Absolventen wurden 2006 in Dresden zu Rabbinern ordiniert. 2009 und 2010 folgten in Berlin weitere Ordinationen, darunter der ersten Frau, die nach dem Holocaust in Deutschland zur Rabbinerin ordiniert wurde. Daniel Staffen-Quandt
Daniel Staffen-Quandt
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