Landeshauptstadt: Rachedurst

„Ladylike“ kommt Ingrid Noll jetzt ihren Lesern. So heißt ihr jüngstes Buch. Darin räumt die 1935 in Shanghai geborene Krimiautorin mit dem Klischee auf, dass alte Menschen nur noch liebe Omas oder Opas sein wollen oder sind. Nolls neue Heldinnen heißen Lore und Anneliese und denken nicht daran, sich ladylike zurückziehen, nachdem die Kinder groß und ebenso wie die Männer aus dem Haus sind. Mit 73 Jahren brechen sie nochmals zu neuen Ufern auf – gründen eine Frauen-WG und gehen auf eine Reise durch Deutschland. Was die Seniorinnen dabei erleben, hat ihre Erfinderin mit gewohnt trockenem Witz und viel schwarzem Humor zu Papier gebracht. Natürlich straucheln diese Ladies – schließlich handeln Nolls Geschichten stets von Frauen, die so etwas wie ihr Lebensglück verlieren, sich rächen und zu Verbrecherinnen werden. Als Noll mit ihrem Erstling„Der Hahn ist tot“ die Leser eroberte, war sie selbst bereits 55 Jahre alt. alt Schreiben wollte sie „von Kindheit an“. In der Jugend hatte sie kein Glück damit, später „keine Zeit mehr für so einen Luxus“. Es kam immer etwas dazwischen – die Ehe mit einem Arzt, dem sie in der Praxis half und drei Kinder, die sie aufzog. Als die Kinder groß waren, konnte Noll ihre Krimi- Laufbahn starten, deren aktuelle Spur „ladylike“ verfolgt wird. H. Mazuhn

Ingrid Noll: Ladylike. Roman. Diogenes, Zürich. 336 Seiten, 19,90 €.

H. Mazuhn