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Landeshauptstadt: Randale zwischen Türken und Deutschen am Schlaatz

Neun Monate Haft wegen Volksverhetzung und Körperverletzung

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Neun Monate Haft wegen Volksverhetzung und Körperverletzung Von Gabriele Hohenstein Vier Stunden lang kämpfen Staatsanwältin und Amtsrichterin um die Wahrheit. Ob sie sie schließlich in allen Punkten gefunden haben, sei dahingestellt. Jeder türkische Zeuge präsentiert eine andere Geschichte des dramatischen Geschehens am Abend des 29. August 2001 vor einem Döner-Imbiss am Schlaatz. Auch die beiden Angeklagten haben ihre eigene Sicht auf die Ereignisse jenes Spätsommertages. Obwohl Maik St. (28) und Kai S. (31) als Gewaltverbrecher bekannt sind und derzeit in Strafhaft sitzen, wehren sie sich mit Händen und Füßen dagegen, in Potsdam lebende Türken mit ausländerfeindlichen Parolen beleidigt, sie gar tätlich angegriffen zu haben. „Ich habe mich nur gewehrt“, beteuert Maik St. Schließlich sei der türkische Imbissbuden-Besitzer mit einem Besenstiel auf ihn losgegangen. Wer weiß, was noch passiert wäre, hätte nicht einer seiner Bekannten dem Rasenden das riesige Döner-Messer vorher aus der Hand gewunden. „Stimmt, ich habe eine Mülltonne in die Gegend geworfen. Dass sie ausgerechnet einen der Türken getroffen hat, tut mir Leid“, betont der wegen gefährlicher Körperverletzung und Volksverhetzung Angeklagte. „Beabsichtigt war es jedenfalls nicht.“ Begonnen habe die ganze Geschichte mit dem Tritt eines Türken in das Gesäß einer deutschen jungen Frau, erzählt Maik St. Selbiges habe er nicht unwidersprochen hinnehmen können und den Ausländer zur Rede gestellt. Zuerst habe man sich verbal über die Unmöglichkeit derartigen Tuns ausgetauscht, dann ein bisschen geschubst. Danach habe der Ausländer ihn mit dem Knüppel angegriffen. „Ich habe mich nur zur Wehr gesetzt“, so Maik St. Bei der Polizei erzählten die Türken, die Angeklagten hätten sie während der Auseinandersetzung als „Scheiß-Ausländer“ beschimpft, die lieber wieder in ihre Heimat gehen sollten. Zudem hätten sie lautstarke Sieg-Heil-Rufe der Kahlgeschorenen und Tätowierten vernommen. Während der Gerichtsverhandlung können sie sich an Letzteres nicht mehr recht erinnern. „Wir hatten alle schon eine Menge getrunken“, meint Abdul P. (43). „Als ich gegen 22.30 Uhr zum Imbiss meines Landsmannes kam, sah ich viele Leute, die sich ziemlich laut unterhielten. Irgendwann – so der Türke – habe es eine Kollision zwischen Maik St. und dem Kiosk-Inhaber gegeben. Warum wisse er nicht. Kai S. sei dazwischengegangen, um die Situation zu entschärfen. Der Deutsche habe seinem Kumpel Maik zwei Ordnungsschellen verpasst, damit er sich nicht noch weiter engagiert, erinnert sich der Zeuge. „Als wir am Einsatzort eintrafen, hatte sich die Situation bereits entschärft“, berichtet Polizeioberkommissar Thomas V. (28). „Von der uns ursprünglich gemeldeten Schlägerei zwischen Personen der rechten Szene und einigen Türken war keine Rede mehr.“ Deshalb sei er wieder in seinen Streifenwagen gestiegen und zur Wache gefahren. Erst zwei Stunden später habe sich ein ausländischer Geschädigter telefonisch gemeldet. „Er behauptetete, von Deutschen geschlagen und mit ausländerfeindlichen Parolen belegt worden zu sein.“ Das Gericht hat genug gehört. Kai S. wird vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen. Sein ehemals guter Kumpel Maik St. muss wegen gefährlicher Körperverletzung und Volksverhetzung neun weitere Monate im Gefängnis verbringen.

Gabriele Hohenstein

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