Landeshauptstadt: Rasen ist zum Rasend- werden
Der wöchentliche PNN-Gartentipp
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Der wöchentliche PNN-Gartentipp Von Erhart Hohenstein „Der viele Rasen ist zum Rasendwerden“ verkündete der Potsdamer Ehrenbürger und Staudenzüchter Prof. Karl Förster. Da müssen wir ihm recht geben, jedenfalls was die Rasenfläche vor unserer Erdgeschosswohnung betrifft. Gegenüber dem satten Grün der Nachbargrundstücke sieht er ausgesprochen mickrig aus. Dabei haben wir doch alles richtig gemacht. Als sich der Hauseigentümer weigerte, die uns beim Einzug angebotene Mondlandschaft herrichten zu lassen, haben wir mit eigener Hände Arbeit und auf eigene Kosten das Unkraut herausgerissen, die Fläche planiert, Mutterboden anfahren lassen, eine empfohlene Grasmischung gesät und die ausgeborgte Walze am Strick rüber und nüber gezogen. Da der Spaß ohnehin teuer genug war, sparten wir an Wasser und Dünger nicht. So halten wir es trotz der kräftig steigenden Wasserpreise auch jetzt, aber das Ergebnis ist niederschmetternd. Die Nachbarn geben jede Menge gute Ratschläge. Einen wollen wir annehmen, nämlich die Fläche zu vertikutieren, also den Boden tief aufzulockern. Inzwischen sehen wir jedoch, dass auch die noch schön grünen Fleckchen vergilben und absterben. Nun befürchten wir, dass unser Rasen von den Engerlingen des Gartenlaubkäfers unterminiert wird. Dieses muntere Tierchen, das wir bisher kaum kannten und in keinem unserer älteren oder brandneuen Gartenratgebern gefunden haben, entwickelt sich zum Schrecken der Hausgärten und der Golfplätze. Es frisst nämlich die Graswurzeln ab. Im August beginnt der Engerling zu wüten. Mit der chemischen Keule soll man nicht gegen ihn vorgehen, weil man so auch die Nützlinge im Boden, beispielsweise Regenwürmer, trifft. Zum Retter in der Not könnte aber der Insektenforscher Dr. Joachim Ruther werden. Der Privatdozent an der Freien Universität Berlin hat ein Lockstoffgemisch entwickelt, mit dem man die Gartenlaubkäfer fangen kann. Es kommt in Trichterfallen, die bis zu einem Meter Höhe angebracht werden sollten. Für den besagten Käfer ist diese Methode brandneu. Im Gartenmarkt haben wir den Lockstoff und die Fallen noch nicht entdeckt. Doch für dieses Jahr ist die Flugzeit des Käfers ohnehin vorbei. Wie Dr. Ruther auf Nachfrage mitteilte, soll das Mittel zur nächsten Saison in den Handel kommt. Bis dahin müssen wir den Kampf um unseren Rasen, den inzwischen auch die Ameisen und an kahlen Stellen die Katzen als Buddelplatz entdeckt haben, mit konventionellen Mitteln fortsetzen. Nur den Ratschlag aus dem neuesten Gartenbuch, täglich mindestens eine, möglichst zwei Stunden zu wässern, können wir aus finanziellen Gründen nicht befolgen. Immerhin haben wir jetzt einen jungen Gärtner kennen gelernt. Auf dessen Ich-AG wollen wir zurück greifen, wenn wir gar nicht mehr weiter wissen.
Erhart Hohenstein
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