Landeshauptstadt: Raseneisen, Schmolz und Tuff
Die Fassade der Muschelgrotte leuchtet nach der Restaurierung wieder in mehrfarbigem Glanz
Stand:
Von der Muschelgrotte im Neuen Garten sind die Gerüste gefallen. Die Fassade ist wiederhergestellt. Handwerker der Roland Schulze Baudenkmalpflege GmbH haben die Mauern saniert und Tausende von Natursteinen in verschiedenen Farben eingesetzt. Dazu gehören heller, teils gestreifter Gipsstein, braun-rotes Tuffgestein, Schmolz genannte Rückstände vom Ziegelbrennen, vor allem aber dunkler Raseneisenstein.
70 Prozent der Fassadensteine wurden wiederverwendet. Der Rest musste neu beschafft werden. Dies gestaltete sich besonders beim Raseneisenstein schwierig, denn während des Krieges waren alle Fundstellen erkundet und ausgebeutet worden, um zusätzlich Metall für die Rüstungsproduktion zu gewinnen. Mit Hilfe einer damals angefertigten Karte wurden aber doch zwei Lagerstätten gefunden, von denen die für die Grotte benötigten Steine geborgen werden konnten.
Gestern stellte Hans-Christian Klenner, Chefrestaurator der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, die restaurierte Fassade vor. Gleichzeitig wurde eine Text-Bild-Tafel aufgestellt, die über die Geschichte und die vor vier Jahren von einem Förderkreis initiierte Restaurierung der geheimnisvollen Grotte informiert. Sie war 1791 – 1794 nach Entwürfen von Oberhofbaurat Friedrich Ludwig Carl Krüger errichtet worden. Die Grotte besteht aus zwei 30 Quadratmeter großen Kabinetten und einem 50 Quadratmeter Fläche einnehmenden Mittelsaal mit einem Deckengemälde von Bartolomeo Verona. Dargestellt ist ein über dem Schilf in den Himmel auffliegender Reiher. Die Wände wurden unter anderem mit „Christalldrusen, Bleiglanzdrusen, linsenförmigen Quarzdrusen, Kupferschlacken, Schwefelkieß, Gipsspath, gräulichem Marienglas und Tuffsteinen“, mit Muscheln und bunten Glasstücken ausgekleidet. Abgeschieden von der Außenwelt war die Grotte ein Ort der Ruhe und Geborgenheit und diente wahrscheinlich auch spiritistischen Sitzungen, auf denen König Friedrich Wilhelm II. die Zwiesprache mit dem Totenreich suchte. In der Kaiserzeit von Kronprinzessin Cecilie als Bootsschuppen genutzt, geriet sie nach 1945 in den von den sowjetischen Besatzern im Neuen Garten angelegten Vergnügungspark, 1961 dann ins DDR- Grenzgebiet und verfiel immer mehr.
Nach Fertigstellung der Fassade und Schließung der schadhaften Decke sollen die Fenstertüren in den zurzeit zugemauerten Öffnungen erneuert werden und wieder den Blick auf den Jungfernsee freigeben, kündigte Hans-Christian Klenner an. Die Innendekoration und die Ausmalung der Grotte wurden dokumentiert und die erhaltenen Teile gesichert. Ob die Grottierung nur konserviert oder sogar wiederhergestellt werden kann, ist noch in der Diskussion. Über die Restaurierung und die Geheimnisse der Muschelgrotte können Interessenten während der Ausstellung „Marmor, Stein und Eisen bricht Die Kunst zu bewahren“ mehr erfahren. Wie deren Kuratorin Kathrin Lange informierte, wurde das Baudenkmal zu einem „dezentralen Schauplatz“ der diesjährigen Hauptausstellung der Stiftung ausgewählt, die zum Thema Restaurierung vom 25. Juni bis 17. September in der Orangerie des Neuen Gartens gezeigt wird. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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