Landeshauptstadt: „Rassismus gibt es überall“
Fernando Bonat tauschte sein Cádiz gegen Potsdam – um vom Fanladen des SV Babelsberg zu lernen
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Sein Händedruck ist ein bisschen zaghaft für jemanden, der jeden Tag mit Fußballfans arbeitet. Fernando Bonat lächelt freundlich und setzt sich auf eines der abgewetzten Sofas im Fanladen des SV Babelsberg 03. Draußen strahlt die Sonne, doch im Innern des Ladens ist es eher düster. Egal, Fernando kommt während seines Praktikums ohnehin viel raus: Gerade hat er gemeinsam mit den Streetworkern von „Wildwuchs“ eine „Freundschafts-WM“ organisiert. Am vergangenen Wochenende spielten russischsprachige Jugendliche aus Potsdam gegen junge Afghanen, Türken und auch eine Mannschaft aus dem Fanladen.
Der junge Mann mit Brille und braunen Locken ist aus seiner Heimatstadt Cádiz im spanischen Andalusien nach Potsdam gekommen, um Erfahrungen zu sammeln. Die will der 25-Jährige dann bei seiner Arbeit für das „Colectivo de Prevención e Inserción Andalucía“ (CEPA) anwenden. Der gemeinnützige Verein ist für Prävention und Integration zuständig, die Arbeit mit Fußballfans ist ein Teil des Programms. Wenn er ab Juli wieder in Spanien ist, will er dort ebenfalls Fanprojekte entwickeln und wird im FARE-Netzwerk arbeiten (Football Against Racism in Europe). Deshalb interessiert er sich in Potsdam vor allem für die antirassistischen Aktionen. Es gebe zwar in Cádiz direkt keine rechtsradikalen Fans, aber bei Zusammenkünften mit anderen Mannschaften spiele Rassismus schon eine Rolle. Wie bei Spielen gegen Málaga, zu denen Fans auch schon mal Flaggen mit dem Gesicht des Faschisten und ehemaligen spanischen Diktators Franco mit ins Stadion brächten. „Wir bringen aber auch Flaggen mit“, erklärt Fernando – denn Fahnen und Aufkleber sind ein Teil der Anti-Rassismus-Kampagne.
Sowohl der Fußballverein in Cádiz als auch der SV Babelsberg haben ihre Fans vor allem im linken Milieu. Das bedeutet aber nicht, dass die Arbeit der Fanläden deshalb unnötig wäre: Um dem ihrer Meinung nach massiven Polizeieinsatz bei den Spielen etwas entgegenzusetzen, hat der Babelsberger Fanladen das Projekt „Fußballfans beobachten Polizei“ ins Leben gerufen. Es wurden Rechtsanwälte beauftragt, die Fans zu den Auswärtsspielen begleiten, und das Verhalten der Fans und der Polizei genau im Internet zu dokumentieren. „Wir wollten den Spieß umdrehen“, erklärt Gregor Voehse, Sozialarbeiter des Fanprojekts. Finanziert hat sich die Aktion über so genannte Soli-T-Shirts, auf denen „Fußballfans beobachten Polizei“ prangte. Das habe zusätzlich Öffentlichkeit geschaffen, meint Voehse, die Polizei halte sich jetzt mehr unter Kontrolle. Und auch für Fernando gibt es eine Soli-Aktion: Für seine ehrenamtliche Arbeit in Potsdam bekommt er kein Geld, deshalb will der Fanladen beim Spiel gegen Lichterfelde am Samstag eine Sammelaktion für seinen Helfer starten. Frida Thurm
Der Fanladen in der Karl-Gruhl-Straße 62 ist montags und donnerstags von 16 bis 22 Uhr geöffnet, außerdem vor und nach Heimspielen.
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