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Aus dem GERICHTSSAAL: Räuber ohne Erinnerung?

Polizei nahm Verdächtige in der Straßenbahn fest

Stand:

„Ich kann es überhaupt nicht leiden, wenn kleine Kriminelle frech werden“, wettert Staatsanwalt Peter Petersen. „Haben Sie nun bei Ihrer polizeilichen Vernehmung gesagt, Sie wollten dem Mann Bier und Geld abziehen oder nicht?“ Ken K.* (17), zu seiner Zeugenvernehmung aus dem Cottbuser Gefängnis gebracht, bleibt bockig. „Wenn das so im Protokoll steht, wird es schon stimmen. Erinnern kann ich mich aber nicht mehr“, schiebt er nach. „Waren Sie auch betrunken?“, fragt die Schöffengerichts-Vorsitzende. Der Jugendliche nickt. Genau wie sein wegen Raubes und gefährlicher Körperverletzung angeklagter Kumpel Jonas J.* (24) hat er angeblich nur noch die Bilder seiner Verhaftung vor Augen. „Das war in der Straßenbahn. Da waren wir gerade auf dem Heimweg“, nuschelt er.

Laut Anklage sollen Jonas J. und Ken K. am späten Nachmittag des 18. März einen 25-Jährigen im Kirchsteigfeld im Flur seines Wohnhauses überfallen haben, wobei Jonas J. ein Messer mit sich geführt habe. Das Opfer konnte nach einem Gerangel fliehen, alarmierte die Polizei, die die vermeintlichen Angreifer wenig später stellte. Jonas J. – Achtklassen-Abgänger ohne Berufsausbildung und wie sein mutmaßlicher Komplize derzeit ebenfalls in Haft – berichtet: „Ich bin mit Kumpels an diesem Tag herumgelaufen und mit der Straßenbahn gefahren. Wir haben getrunken und Leute veralbert. Erst waren wir zu fünft, dann war nur noch Ken dabei.“ Von der vorgeworfenen Tat will er nichts mehr wissen. Ein Polizeibeamter, der Jonas J. wenig später vorläufig festnahm, attestierte ihm, stark unter Alkohol zu stehen, ließ ihn pusten. Das Ergebnis: 1,96 Promille. Ken K. brachte es auf 1,15 Promille. Krankenpflege-Helfer Markus M.* , auf den es das Duo an jenem Spätnachmittag abgesehen hatte, erzählt: „Ich habe nach der Arbeit ein paar Flaschen Bier, Weißbrot und Salat gekauft. Als ich aus dem Supermarkt kam, sah ich eine Gruppe junger Leute . Die war aber nicht auffällig.“ Dass ihm Jonas J. und Ken K. folgten, hat er nicht bemerkt. „Sie stellten keine Forderungen“, so das Überfall-Opfer. „Wir haben nur miteinander gerangelt. Dabei ging die Tür zur Tiefgarage auf. Ken K. drehte mir die Arme auf den Rücken, Jonas J. positionierte sich vor mir. Es sah aus, als wolle er gleich zuschlagen.“ Zum Glück gelang es dem jungen Mann, sich aus seiner Jacke zu winden, in das Auto einer jungen Frau zu flüchten, von dort die Beamten zu alarmieren. Markus M. erlitt nach dem Übergriff Einblutungen in den Augen sowie eine Prellung am Ellenbogen, war zwei Tage krank geschrieben. Brot, Salat und Handy, das bei dem Überfall aus seiner Tasche fiel, bekam er zurück. Die Bierflaschen waren weg. „Wir haben das Bier aber nicht mitgenommen“, beteuert Ken K., der sich wegen dieser Tat gegenwärtig vor dem Jugendgericht verantworten muss. Sein Urteil soll in der nächsten Woche gesprochen werden. Die Verhandlung gegen Jonas J. wird am 18. Juni mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortgesetzt. (*Namen geändert.) Hoga

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