Aus dem GERICHTSSAAL: Raubkopierer zur Kasse gebeten Angeklagter: Die Sache hat sich verselbständigt
Aus dem GERICHTSSAAL „Ich habe kein Geld. Ich habe noch nicht einmal eine Geldbörse“, gibt Ronald R.
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Aus dem GERICHTSSAAL „Ich habe kein Geld. Ich habe noch nicht einmal eine Geldbörse“, gibt Ronald R. (45, Name geändert) zu Prozessbeginn preis. Ohne Beruf, ohne Arbeit und ohne Krankenversicherung habe ihn im Frühjahr 2004 die rettende Idee ereilt, das Loch in seiner Kasse zu stopfen. „Eigentlich kam mir der Zufall zu Hilfe“, schätzt der Potsdamer ein. Als er den legal erworbenen DVD-Film „Fluch der Karibik“ für ein Mehrfaches des Kaufpreises im Internetauktionshaus „ebay“ weiter veräußerte, habe er sich aufs Raubkopieren begehrter Streifen verlegt und sie im Netz angeboten. Die Nachfrage überraschte Ronald R. „Ich wusste zwar, dass es verboten ist. Aber ich habe nicht weiter drüber nachgedacht. Irgend wann hat sich die Sache dann verselbständigt.“ Insgesamt 152 DVDs brannte der Mann von urheberrechtlich geschützten Filmen mit so schönen Titeln wie „Die Liga der außergewöhnlichen Gentleman“, „Schokolade zum Frühstück“ oder „Monster AG“, bot sie in einer Vielzahl von Auktionen zum Kauf an - und wurde sie zu Spottpreisen los. Nur 14 Kunden fühlten sich geprellt, erstatteten Anzeige gegen Ronald R., da sie davon ausgingen, das Original zu erhalten. „Das Internetauktionshaus ist ja eine feine Sache“, so Amtsrichter Kramm. „Allerdings wird das Misstrauen der Leute geschürt, wenn Menschen wie Sie da illegale Produkte reinstellen.“ Ronald R. – ganz der reuige Sünder – legte bereits während des Ermittlungsverfahrens ein umfassendes Geständnis ab. Seinen bei einer Hausdurchsuchung sichergestellten Computer und den DVD-Player will er nicht wieder haben. „Sie erwecken den Eindruck, Sie seien arm wie eine Kirchenmaus. Wovon haben Sie sich eigentlich die Geräte gekauft?“, fragt der Staatsanwalt. Der Angeklagte entgegnet, gelegentlich zu malern. Manchmal bleibe etwas übrig, um sich Wünsche zu erfüllen. „Und wie haben Sie den Kopierschutz umgangen?“, hakt der Vertreter der Ermittlungsbehörde nach. „Ich hatte einen externen DVD-Brenner. Der umging den Kopierschutz automatisch“, erzählt der Mann. „Das war kein gutes Experiment, dass Sie da gestartet haben“, fasst der Vorsitzende zusammen und verurteilt den bislang nicht Vorbestraften wegen gewerbsmäßigen Verstoßes gegen das Urhebergesetz sowie Betruges zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je fünf Euro. gh
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