Landeshauptstadt: Raum für kreative Querdenker
School of Design Thinking des Hasso-Plattner-Instituts wurde ausgewählter Ort im „Land der Ideen“
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In der Potsdamer Kommunalpolitik ist ein Innovationsschub zu erwarten. Dauerkonflikte könnten gelöst, verzwickte Haushaltsfragen verblüffend einfach beantwortet und härteste Nüsse geknackt werden, wenn in den Amtsstuben des Rathauses die Methoden des „Design Thinking“ Einzug halten. Oberbürgermeister Jann Jakobs jedenfalls ist daran interessiert und kündigte gestern beim Besuch der School of Design Thinking des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) an, hier im Herbst mit einigen Fachleuten aus der Stadtverwaltung einen Kurs zu belegen.
Interdisziplinäres Querdenken heißt der Schlüssel, mit dem die Studenten der sogenannten D-School Türen zu gedanklich unbetretenen Räumen öffnen und auf diese Weise innovative Lösungen für komplizierte Probleme finden. Schon ein Jahr nach ihrer Gründung ist die „Erfinderschule“ des HPI so erfolgreich, dass sie gestern als besonderer Ort in der Kampagne „Deutschland – Land der Ideen“ ausgezeichnet wurde.
Institutsgründer Hasso Plattner gab den Anstoß, nach dem Vorbild der D-School der US-Elite-Uni Stanford hier am Potsdamer HPI Europas erste Innovationsschule zu gründen. Unkompliziert wie die Denkmethode selbst wurde im Oktober unter Leitung von Professor Ulrich Weinberg ein wissenschaftliches Team zusammengestellt, das die im Schnellverfahren aufgenommenen 40 Studenten aus 30 verschiedenen Fächern ins kreative Querdenken einführte.
Zwei Semester lang knobelten sie an zwei Tagen in der Woche gemeinsam an Praxisproblemen: die Medizinstudentin mit dem Informatikstudent, die angehende Politologin mit der Biochemikerin. Ein künftiger Tonmeister von der Filmhochschule war dabei, ebenso Betriebswirte, Softwareentwickler, Kunststudenten, Lehrer und sogar ein Bauingenieur. Allesamt in der Schlussphase ihrer Ausbildung, also an der Schnittstelle zur Praxis. Was sie quer durch alle Disziplinen und über deren Grenzen hinweg erdachten, stellten sie gestern der Öffentlichkeit vor.
Rund 200 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft ließen sich erklären, wie sie künftig mit einem mobilen Energie-Zähler ihren Stromverbrauch jederzeit im Blick haben und bei Bedarf reduzieren können. Konkrete Sparvorschläge liefert das Gerät gleich mit. Und wer sich unter Kilowattstunden nur schwer etwas vorstellen kann, dem zeigt ein rotes Ampellicht an, wenn der Verbrauch des Vormonats überstiegen ist. Vattenfall und Siemens standen dem Erfinderteam als Praxispartner zur Seite. Denn auch das ist Prinzip beim Design Thinking: alle Projekte orientieren sich an Problemen in der Praxis und stellen nicht die technischen Möglichkeiten, sondern die Bedürfnisse des Menschen in den Mittelpunkt.
Eindringlich klar wurde das bei der Erfindung eines Orientierungssystems, mit dem geistig Behinderte selbstständig am öffentlichen Leben teilnehmen und Alltagsaufgaben erledigen können. Immer wieder mussten die Studenten ihre Ideen mit den Betroffenen besprechen. Wichtige Anregungen kamen dabei vom Lernmobil für Behinderte aus Berlin.
Neun konkrete Erfindungen, an denen teilweise schon Unternehmen Interesse angemeldet haben, sind die Ausbeute des ersten Jahrgangs der Potsdamer D-School, der gestern für das einjährige Zusatzstudium seine Abschlusszertifikate erhielt. Hasso Plattner, der einmal mehr eine seiner Visionen verwirklicht sieht, sagte, dass er selten so intensiv und leidenschaftlich miteinander arbeitende Teams von Studenten erlebt hätte, wie in der Potsdamer D-School, dem nun auch öffentlich anerkannten „Ort der Ideen“.
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