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Landeshauptstadt: Räumpflicht auf der Kippe?

Gericht: Schneeschippen für Anlieger unzumutbar

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In den Nächten gibt es bereits Frost, der Winter naht: In Potsdam sind dann Anlieger vieler Nebenstraßen dazu verpflichtet, die Fahrbahn vor ihrer Tür bei Schnee bis zur Mitte oder komplett selbst zu reinigen. Doch diese Regelung aus der städtischen Straßenreinigungssatzung könnte bald gekippt werden. „Es stellt sich die Frage, ob das Schneeschippen in dieser Form zumutbar ist – ich bezweifle das“, sagte der Verwaltungs- und Kommunalwissenschaftler Thorsten Ingo Schmidt von der Universität Potsdam den PNN.

Hintergrund für Schmidts Einschätzung ist auch ein Urteil des Potsdamer Verwaltungsgerichts. Darin hatten die Richter zugunsten einer Anliegerin entschieden, die gegen die Räumpflicht in der Gemeinde Schönwalde-Glien im Havelland geklagt hatte. Diese Regelung erklärten die Richter für verfassungswidrig. Allerdings ist das Urteil nicht rechtskräftig. Ein Sprecher der Gemeinde kündigte gegenüber den PNN an, dass Berufung eingelegt werde. Damit muss das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entscheiden.

Verwaltungsrechtler Schmidt sagte, das Urteil der Potsdamer Richter sei möglicherweise ein Unikat: „Ich kenne kein vergleichbares.“ Denn auch anderswo in Deutschland sei es üblich, dass Anlieger auf der Straße vor ihrer Tür Schnee schippen müssten. Verwundert hat den Potsdamer Juristen die Urteilsbegründung, in der Bezug auf die Straßenverkehrsordnung genommen wird – demnach dürften Anlieger schon aus Sicherheitsgründen nicht dazu verpflichtet werden, Straßen zu reinigen. Dazu sagte Schmidt, die Frage der Straßenreinigung sei keine Fragen des Verkehrs. „Wenn man das weiterdenkt, wären keine Bauarbeiten auf Straßen mehr möglich.“ Allerdings halte er die Entscheidung der Richter wegen der möglichen Unzumutbarkeit des Schneeschippens dennoch für vertretbar. Allerdings müsste, damit die Räumpflicht in Potsdam fällt, sich auch ein Kläger finden.

Das Thema Winterdienst beschäftigt auch die Stadtpolitik. Angesichts des aktuellen Urteils spricht sich das Bürgerbündnis für einen flächendeckenden Winterdienst auf allen Potsdamer Straßen aus. „Vor allem mobilitätseingeschränkte Menschen trifft es, wenn die Straßen nicht oder nicht ausreichend gereinigt sind“, sagte der Stadtverordnete Wolfhard Kirsch vom Bürgerbündnis. Eine flächendeckende Reinigung würde gar nicht erst zu einem solchen Problem führen. Allerdings könnte dies die Step nach PNN-Informationen rund eine Million Euro kosten. Ein Sprecher der für den Winterdienst zuständigen Stadtentsorgung Potsdam GmbH (Step) wollte die Zahl am Dienstag nicht kommentieren - und auch nicht, welcher Anteil dieser Summe dann über die Straßenreinigungsgebühren auf die Bürger umgelegt würde.

Zumindest aber sieht sich die Step für den Kampf gegen Eis und Schnee gut gerüstet. Wie das Unternehmen mitteilte, sei die Winterdienst-Flotte mit zwei neuen Fahrzeuge ausgerüstet, die ältere Modelle ergänzen. Dabei handelt es sich um Mercedes-Kleintransporter, die laut der Step innerhalb von 15 Minuten zum Winterdienstfahrzeug umgerüstet werden können. Unter anderem durch die Ergänzung einer Hydraulikanlage für einen Schneepflug könnten diese speziell auf schmalen Straßen und Parkplätzen eingesetzt werden.

Für den Winter 2013/2014 ist die Step für die Beräumung von 376 Kilometern Straßen sowie von 89 Kilometern Rad- und Gehwegen zuständig. Die Straßen werden laut Step mit sogenannter Feuchtsalztechnologie gestreut, die Radwege wie bereits in den vergangenen beiden Winterdienstperioden mit Sole und die Gehwege mit abstumpfenden Streumitteln, zum Beispiel Splitt. Insgesamt seien circa 150 Mitarbeiter und rund 80 Fahrzeuge in Winterdienst-Bereitschaft. Unter Tel.: (0331) 661 71 71 ist eine Winterdienst-Hotline eingerichtet.HK

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