Sport: Raus aus dem Chaos
Nach schwachem Start führt Trainer Stewart die Kölner Haie mit einem neuen Konzept von Sieg zu Sieg
Stand:
Es gab am vergangenen Sonntag Zuschauer in der Kölnarena, die sich ungläubig die Augen rieben. War es ein Traum, was sich da auf dem Eis der Deutzer Halle abspielte? Alles war so perfekt. Einen 4:1-Sieg der Kölner Haie über die Frankfurt Lions meldete die große Anzeigetafel. Die Haie-Profis, die noch vor Kurzem regelmäßig traurig vom Eis geschlichen waren, lagen sich glücklich in den Armen und ließen sich für ein fantastisches Spiel feiern. Zudem vermeldeten die Haie einen Saisonrekord. Fast 15 000 Zuschauer waren in die Halle gekommen, sogar mehr als beim Derby gegen Düsseldorf.
Der Wandel, den die Haie in den vergangenen Wochen erlebt haben, hat traumhafte Züge. In kurzer Zeit hat der neue Haie-Trainer Bill Stewart aus einer bemitleidenswert schwachen Mannschaft ein selbstbewusstes Team gemacht. Sieben von acht Spielen gewann der KEC, der Mittwochabend in Berlin beim Tabellenführer Eisbären antritt (19.30 Uhr, Arena am Ostbahnhof, live bei Sky), in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) seit Amtsantritt des Kanadiers Anfang Dezember. Die Kölner fanden damit wieder Anschluss an die Play-off-Plätze. Und das ist lebenswichtig für einen Verein, der in der Vorsaison den vorletzten Tabellenrang belegte und nur knapp der Insolvenz entging.
Haie-Geschäftsführer Thomas Eichin verkauft die Verpflichtung Stewarts als raffinierten Schachzug des pfiffigen Managements. „Wir wussten, dass Bill Stewart ein hervorragender Trainer ist“, sagt der ehemalige Fußballprofi. In Wahrheit war Stewart jedoch ein großer Glücksgriff nach einem krassen Fehlgriff. Die Haie hatten zuvor mit Igor Pawlow einen Trainer verpflichtet, der zwar junge deutsche Spieler förderte. Seine harte russische Tour („Talent muss man quälen“) kam bei der Mannschaft jedoch überhaupt nicht an. Nach ein paar guten Spielen zum Saisonstart ging es bergab, das Haie-Team spielte ohne Lust, Ordnung und Konzept. Eichin musste handeln. Und außer Stewart, der mit den Adlern Mannheim 2001 Meister und auch Coach in Hamburg war, befand sich kein erfahrener DEL-Coach auf dem Markt. So griff Eichin zu und nahm den Kanadier bis zum Saisonende unter Vertrag. Gleichzeitig wurde Manager Rodion Pauels, dessen Wunschtrainer Pawlow gewesen war, zum Jugendkoordinator degradiert. Seine Aufgaben bei den Profis übernahm Stewart. Mit dem NHL-erprobten Stürmer Marc Chouinard gelang ihm gleich ein guter Transfer. Der 32-Jährige ist ein solider Mann, der viele Bullys gewinnt.
Überhaupt setzt Stewart vor allem auf Stabilität und starke Defensive. Er lässt ein einfaches System spielen und hat die Reihen nach seinen Eindrücken umgestellt. Sein Vorgänger Pawlow propagierte dagegen ein komplizierteres Offensivsystem, das im Chaos endete.
Die Jugend spielt nun bei den Haien, die sich so gern als vorbildliche Nachwuchsförderer preisen, keine große Rolle mehr. Doch das stört momentan niemanden beim KEC. Auch Stewarts problematische Vergangenheit – er rastete früher häufig aus, soll sogar mal einmal einen Mentalcoach in rassistischer Art beleidgt haben – ist kein Thema. Warum auch? Stewart sagt, er habe aus seinen Fehlern gelernt und benimmt sich bisher anständig. Und vor allem gewinnen die Kölner Haie wieder, nach den schweren Zeiten zählt nur das.Chr. M.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: