zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Rauswurf statt ehrenvollem Rückzug IHK-Chef Kohl stolpert über Stimming-Affäre

Ihm wird vorgeworfen, Teil des Systems Stimming gewesen zu sein, jetzt hat er auch noch den letzten Rückhalt verloren: René Kohl, bislang Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Potsdam (IHK), wurde am Mittwoch überraschend rausgeworfen – wenigstens fast. Statt ihm einen ehrenvollen Rückzug zu ermöglich, hat ihn das IHK-Präsidium suspendiert, streicht ihm damit alle weiteren Bezüge.

Von Matthias Matern

Stand:

Ihm wird vorgeworfen, Teil des Systems Stimming gewesen zu sein, jetzt hat er auch noch den letzten Rückhalt verloren: René Kohl, bislang Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Potsdam (IHK), wurde am Mittwoch überraschend rausgeworfen – wenigstens fast. Statt ihm einen ehrenvollen Rückzug zu ermöglich, hat ihn das IHK-Präsidium suspendiert, streicht ihm damit alle weiteren Bezüge. „Wir sind in die erste Runde gegangenen, das Weitere wird vermutlich zivilrechtlich geklärt“, sagte IHK-Vize-Präsidentin Beate Fernengel, die seit dem Rücktritt des wegen Verschwendungsvorwürfen in die Kritik geratenen bisherigen Präsidenten, Victor Stimming, die Kammer führt, gestern am Rande der 50. IHK-Vollversammlung in Potsdam. Ziel sei die Aufhebung des Arbeitsvertrages, so Fernengel.

Zu den Gründen für die Suspendierung sagte Fernengel lediglich, der Hauptgeschäftsführer habe sich nicht an einen Präsidiumsbeschluss gehalten. Eigentlich wurde davon ausgegangen, dass Kohl, der bis gestern beurlaubt worden war, nachdem er immer tiefer in der Affäre um Stimming zu versinken drohte, unter vollen Bezügen zunächst freigestellt werden würde. Wie bei Stimming prüft die Staatsanwaltschaft Potsdam auch bei Kohl den Anfangsverdacht der Untreue. Stimming werden unter anderem verschwenderische Präsidiumssitzungen auf der Mittelmeer-Insel Malta, ein Luxusdienstwagen, eine jährliche Aufwandsentschädigung über 30 000 Euro sowie die Beschäftigung einer Sekretärin in seiner Baufirma auf IHK-Kosten vorgeworfen. Kohl war an der Vorbereitung von Beschlüssen des alten Präsidiums beteiligt. Stimmings Luxuslimousine wurde inzwischen an das Autohaus zurückgegeben, die IHK-Sekretärin zurückbeordert.

Selbst Kohls kommissarischer Nachfolger, Manfred Wäsche, fühlte sich am Mittwoch offensichtlich überrumpelt. „Für mich kam die Präsidiumsentscheidung sehr überraschend“, sagte der bisherige Leiter des Geschäfstbereichs Wirtschaft. Da mit einer Klage Kohls gerechnet werde, sei nicht absehbar, wie lange Wäsche auf den Posten bleiben werde, so Fernengel. Dafür ist aber absehbar, wann die Kammer einen neuen Präsidenten haben wird. Die Vollversammlung hat sich am Mittwoch laut Fernengel darauf verständigt, eine Findungskommission einzuberufen. Diese soll im April Bewerbungen entgegennehmen, im Mai oder Juni soll der neue Präsident vorgestellt werden.

Bei der Aufklärung der Vorwürfe gegen Ex-Präsident Stimming setzt die IHK Fernengel zufolge künftig auch auf externe Wirtschaftsprüfer. „Wir haben mit drei Firmen gesprochen, uns aber noch nicht entschieden.“ Koordiniert werden solle die Arbeit der Wirtschaftsprüfer vom Vorstandschef der Mittelbrandenburgischen Sparkasse (MBS), Johannes Werner. Aufgestockt wurde am Mittwoch von der Vollversammlung zudem der ebenfalls an der Aufklärung beteiligte sechsköpfige Haushaltsausschuss der Kammer um vier weitere Mitglieder.

Möglicherweise festhalten will die Kammer aber am umstrittenen millionenschweren Umbau der Villa Carlshagen zu einem Schulungszentrum, einem Prestigeprojekt Stimmings. „Nur weil Stimming damit etwas zu tun hatte, zu sagen, das ist schlecht, ist doch Quatsch“, sagte Fernengel. Zwar komme das Vorhaben auf den Prüfstand, dennoch habe man für das kommende Jahr 1,9 Millionen Euro für das Projekt im Haushalt eingestellt. Matthias Matern

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })