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Neues Altes verdrängt altes Neues: Der Flachbau und das Rechenzentrum in der Breiten Straße weichen der Garnisonkirche, deren Portal bereits steht.

© Andreas Klaer

Von Erhart Hohenstein: Rechenzentrum soll 2014 fallen

Pläne für die Garnisonkirche: Ausstellungstrakt in der Breiten Straße wird abgerissen / Provisorium an der Plantage

Stand:

Innenstadt - Seit gestern wird die Garnisonkirchen-Ausstellung an der Breiten Straße 7 ausgeräumt. Nach der Wende als Fahrradladen genutzt, wird der Flachbau jetzt abgerissen (PNN berichteten). Darüber informierte am Mittwochabend auf einer Veranstaltung der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche Burkhart Franck vom Vorstand. Letzte Nutzung wird an diesem Sonntag um 17 Uhr ein Klavierkonzert mit dem Pianisten Hartmut Wettges sein.

Die Ausstellungsstücke werden in der alten Feuerwache zwischengelagert. Die bis zu fünf Tonnen schweren Sandsteinfragmente des 1968 gesprengten Kirchenbaus werden von Spezialisten der Naturstein Potsdam GmbH abgeholt und finden auf dem dortigen Werkgelände Platz, der von der Breiten Brücke stammende Lampenträger im Schirrhof der Schlösserstiftung. Kleinere Stücke nimmt das Potsdam-Museum.

Der direkte Souvenirverkauf zugunsten der Wiedererrichtung der Kirche, so durch signierte Backsteine, ist bis auf Weiteres nicht möglich, sondern nur auf schriftliche Bestellung oder per Anfrage per E-Mail. Die Fördergesellschaft soll im Rechenzentrum ein Büro erhalten und will einen Briefkasten, voraussichtlich am Portal des Langen Stalls, belassen.

Zum Abriss des Flachbaus, der auch einen weiteren Schritt in den Wiederaufbaubemühungen bedeutet, findet wahrscheinlich am ersten Dezemberwochenende ein kleines Fest statt. Der eigentliche Abriss, der wie die anschließenden archäologischen Grabungen von der Stadt finanziert wird, beginnt dann im Januar 2011 und soll innerhalb weniger Wochen abgeschlossen sein. Als Ersatz für den Flachbau wird 2011 links hinter dem Stallportal auf dem Freigelände des Rechenzentrums ein provisorisches Gebäude errichtet. Dafür verwendet die Stiftung Garnisonkirche als Bauherr von der Fördergesellschaft gesammelte Gelder. Der Bau soll auf 300 Quadratmetern Grundfläche die Ausstellung und die kleine Kapelle mit knapp 100 Plätzen aufnehmen, dazu drei Büros für die Fördergesellschaft, den Stadtkirchenpfarrer und den neuen Garnisonkirchenpfarrer. Dessen Stelle sei gesichert, teilte Franck mit. Voraussichtlich im Februar 2011 werde er sein Amt antreten.

Der provisorische Bau werde im Juli übergeben und soll bis 2017, wenn der Kirchturm wiederaufgebaut sein soll, genutzt werden. Die Fördergesellschaft erhält bis Juni für ihre Veranstaltungen und Andachten Gastrecht bei umliegenden Institutionen und Kirchen. Für den Neujahrsempfang am 1. Januar 2011 um 16 Uhr ist das schräg gegenüber gelegene IHK-Gebäude vorgesehen. Bis zum Einzug in den Neubau wird die Fördergesellschaft durch ein Projektteam die Ausstellung überarbeiten. Dies betrifft vor allem die für den Neubau zu langen Wandschals mit Abbildungen und Texten zur Geschichte der Garnisonkirche.

Bauweise und Aussehen des Provisoriums seien noch nicht bis ins Detail festgelegt, informierte Burkhart Franck. Auf jeden Fall werde der Bau aber eine vorgeblendete Wand mit der Abbildung von Teilen des früheren Kirchenschiffs erhalten. Franck gab auch einen Ausblick auf den Fortgang der Wiederaufbauplanungen. Für den Turm sind sie finanziell gesichert und in Auftrag gegeben. Die Unterlagen sollen bis Ende 2011 vorliegen. Am Beginn des Aufbaus werden die beiden Seitenflügel stehen. Einer soll als Versöhnungskapelle genutzt werden, der zweite für die Ausstellung zur Geschichte der Kirche. Eine Einordnung von Funktionsräumen, Aufzügen und ähnlichem müsse es nicht geben, da dafür der Turm mit seinem dicken Mauerwerk genügend Platz biete. Der Abriss des Rechenzentrums, aus dem derzeit der Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik auszieht, sei für das Jahr 2014 vorgesehen. Mit der Fertigstellung der Seitenflügel und des Turms 2017 ergeben sich links und rechts zwei kleine Stadtplätze. Vor der Versöhnungskapelle soll eine Nagelkreuzskulptur aufgestellt werden. Der rechtsseitige Platz könne Veranstaltungen dienen. Nicht jedermanns Zustimmung finde das Vorhaben, hinter der Kirche 70 Stellplätze für Autos anzuordnen.

Thema des „Abschiedsabends vom Flachbau“ waren auch die im Umfeld des Kirchengrundstücks bevorstehenden Veränderungen. Dazu gehören der von der Fördergesellschaft bejahte Rückbau der Breiten Straße um eine Spur, der Verzicht auf den Mittelstreifen und die Rückverwandlung in eine Allee. Zu begrüßen sei, dass beim Ausbau eine spätere Wiederherstellung des Stadtkanals mit der Breiten Brücke vorgehalten werde. Zur für das Gebiet zwischen Neuem Markt und Plantage vorgesehenen Neubebauung hat der Garnisonkirchverein jedoch mehre Anregungen. Diese betreffen etwa das Areal des einstigen Langen Stalls, der sich an der Plantage mit einem gewaltigen Satteldach 189 Meter lang hinzog. Er war bewusst als horizontale Entsprechung zum vertikal hoch aufragenden Kirchturm konzipiert. Für die Neubebauung sei nun aber lediglich eine Höhenbegrenzung vorgegeben, die ein Sammelsurium unterschiedlichster Einzelbauten ermögliche. Die Fördergesellschaft schlage deshalb die Festlegung einer einheitlichen Traufhöhe vor und einer Architektur in „Anmutung“ an die historische, sagte Franck.

Das erhaltene Portal des Langen Stalls sollte nicht bloße Dekoration, sondern Eingang zum neuen Stadtquartier sein. Deshalb könnte dahinter ein Segment des Stallgebäudes einschließlich der Innenarchitektur wiederhergestellt und öffentlich genutzt werden, beispielsweise durch eine Gaststätte.

Erhart Hohenstein

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