
© A. Klaer
Das "Brausehaus" in Potsdam: Refugium für Künstler
Als das Grundstück 2014 verkauft wurde, bangten die Künstler um die Zukunft ihrer Ateliers und Probenräume im „Brausehaus“. Schließlich wurden hier Wohnhäuser geplant. Doch der Käufer Georg Schollmeier band die Kreativen einfach mit ein. Jetzt fand das Richtfest statt.
Stand:
Potsdam - Das Gelände ist kaum wiederzuerkennen. Vor zwei Jahren klaffte noch eine große Lücke in der Häuserfront und gab den Blick frei auf die alte Potsdamer Limonadenfabrik. Das Areal in der Geschwister-Scholl-Straße nutzten Künstler und Kreative. Bands probten in den Kellerräumen der alten Fabrik, Tontechniker, Maler und Fotografen hatten hier ihre Ateliers und Studios. Heute ist die Baulücke geschlossen – der Rohbau eines vierstöckigen Wohnhauses fügt sich nahtlos in die Straßenfront ein. Wer davorsteht, glaubt kaum, dass sich auf dem Hinterhof immer noch ein Refugium für Kreative befindet. Und doch ist es so.
Als das Grundstück im August 2014 verkauft wurde, bangten die Künstler um die Zukunft ihrer Ateliers, Studios und Probenräume im „Brausehaus“, wie sie die alte Fabrik liebevoll nennen. Käufer war der Potsdamer Chirurg Georg Schollmeier, der Wohnhäuser auf dem Gelände bauen wollte.
Behutsame Sanierungen für das "Brausehaus" - ohne Mieterhöhungen
Das sei das Ende der kulturellen Nutzung, hieß es. Für die Musiker, Maler und Kreativen gäbe es sicher bald keinen Platz mehr, so die Befürchtungen der Nutzer. Doch diese zerstreuten sich rasch. Er wolle, dass die Künstler bleiben, machte Schollmeier schnell klar. Er stellte behutsame Sanierungen für das „Brausehaus“ in Aussicht – ohne Mieterhöhungen. Und er hat Wort gehalten.
Im Hinterhof steht ein weiterer Rohbau. „Gartenhaus“ nennt es der Bauherr. Auch hier entstehen neue Wohnungen. Ein Teil der alten Limonadenfabrik musste dem Neubau weichen. Doch nach wie vor nutzen rund 40 Musiker, Fotografen, Umweltarchitekten, Toningenieure und Maler das Gebäude, das etwa 500 Quadratmeter Nutzfläche zu bieten hat. Eine Brandschutztür und einen zweiten Fluchtweg hat Schollmeier einbauen lassen, gerade werden die alten Fenster durch neue ersetzt, auch das Dach wird erneuert.
Angst, dass alle rausfliegen
Dass er ein partnerschaftliches Verhältnis zu den „Brausehaus“-Nutzern pflegt, glaubt man Schollmeier sofort. Schließlich steht einer von ihnen am Baugerüst und baut gerade die Tonanlage für das Richtfest auf. „Wir hatten natürlich große Angst, dass wir hier rausfliegen“, sagt Kai Kittelmann, der mit mehreren Bands im „Brausehaus“ probt. „Musiker haben es schwer, geeignete Räumlichkeiten in Potsdam zu finden.“ Sie werden, so sein Eindruck, oft an den Stadtrand gedrängt.
Doch Georg Schollmeier empfand gerade das Nebeneinander von Wohnen und Kunst als Bereicherung. In Gesprächen mit den Nachbarn fand er schnell heraus, dass es keine Konflikte zwischen den Kunstschaffenden und den Bewohnern gibt. Diese Koexistenz wollte er erhalten. „Es ist schön für den Kiez“, sagt er. Die Stadtverwaltung sah das offenbar anders. „Das Planungsamt wollte eine Trennung von Wohn- und Musikräumen“, erinnert sich Schollmeier. Anstelle der erhofften Unterstützung schlug ihm Ablehnung für seine Pläne entgegen. Die Enttäuschung darüber sieht man ihm bis heute deutlich an, wenn er davon erzählt. Zumal ihm auch noch andere Steine in den Weg gelegt worden seien. Die geplanten Dachterrassen etwa habe das Amt mit der Begründung abgewiesen, diese seien in Potsdam nicht üblich. Entwürfe des Architekturbüros Bernd Redlich, das federführend an den Restaurationsarbeiten an der Nikolaikirche und am Wiederaufbau des Fortuna-Portals beteiligt war, seien mit fadenscheinigen Argumenten abgewiesen worden. „Willkürlich“, nennt Schollmeier das Gebahren des Fachbereichs Stadtplanung und Stadterneuerung. Nur nach eingelegtem Widerspruch seien die meisten Auflagen zurückgenommen worden, und auch das Künstlerhaus durfte bestehen bleiben.
Mieteinnahmen fließen in die Sanierung des Gebäudes
Mit seinen künftigen Mietern wird es keine Probleme geben, ist der Bauherr überzeugt. In den beiden neuen Häusern werden 39 Mietwohnungen entstehen. Die alte Fassade des „Brausehauses“ steht noch in hartem Kontrast zu den neuen Bauten, die Ende des Jahres bereits bezugsfertig sein sollen. Gemeinsam mit den Nutzern wolle er überlegen, wie das Gebäude auch von außen gestaltet werden könne. Die Miete plane er auch weiterhin, nicht zu erhöhen, sagt Schollmeier. Und verspricht zudem: „Sämtliche Mieteinnahmen fließen in die Sanierung des Gebäudes.“
Inzwischen klingt Musik aus den von Kai Kittelmann aufgestellten Lautsprechern, der Duft eines Spanferkels zieht über das Gelände. Der Musiker ist zufrieden: „Ich bin Gerd Schollmeier sehr dankbar“, sagt Kittelmann.
Heike Kampe
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: