Landeshauptstadt: Regenpause fürs Kreuz
Die Bornstedter Kirche hat wieder ein Kreuz – pünktlich zu ihrem 150. Geburtstag
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Just als Jutta Erb-Rogg mit der Zeremonie beginnen will, stoppt der Dauerregen. „Der Chef hat ein Einsehen“, stellt das Mitglied des Gemeindekirchenrats gleich klar. Und kaum dass sie zu ihrer Rede anhebt, scheint plötzlich ganz kurz sogar die Sonne zwischen den Wolken hervor. Rund 20 Menschen haben sich gestern vor der Kirche in der Ribbeckstraße versammelt, vorwiegend Mitglieder der Evangelischen Kirchengemeinde Bornstedt. Sie wollen dabei sein, wenn ihre Kirche das neue Terrakotta-Kreuz erhält.
Zwölf Jahren war das Dach des Ostgiebels leer. Seit 1994 das alte von August Stüler entworfene Kreuz „krachend explodierte“, wie sich Jutta Erb-Rogg erinnert. Denn die Stahlstange die den gebrannten Ton 113 Jahre gehalten hatte, war total verrostet. Durch den Rost hatte sie sich auf das Zehnfache vergrößert, erklärt Thomas Grapentin, der die Rekonstruktion des neuen Kreuzes leitete. Zwar war das Kirchendach 1994 saniert worden, aber für das Kreuz fehlte der Gemeinde das Geld. Und so lag es bis zum Frühling dieses Jahres in einer Restaurierungswerkstatt.
Dass die Gemeinde nun die 13 000 Euro aufbringen konnte, verdanke sie vielen Spenden, vor allem aber der „Liebe einer verstorbenen Frau“, betonte Jutta Erb-Rogg. Ihre Familie hatte einen großen Anteil der Kosten übernommen. Und so ist das Gedenken an die Verstorbene mit eingeschlossen. Im April beauftragte die Gemeinde die „Baudenkmalpflege Roland Schulze“ mit der Wiederherstellung des Kreuzes. Dafür fertigte das Architekturbüro Bernd Redlich eine Zeichnung vom Originalkreuz an. Nach dieser baute das Terrakotta-Unternehmen Golem in Sievershausen eine Gussform, die dann mit einer speziellen Tonart ausgestrichen wurde. Danach brannte es bei fast 1000 Grad Celsius im Ofen. Weil der Ton dabei kleiner wird, wurde das Negativ rund acht Zentimeter größer angefertigt, erklärt Grapentin. In seinem Unternehmen in Potsdam stellte dann die Auszubildende Navina Lammek den Sockel her, auf dem das Kreuz nun steht – voraussichtlich länger als das alte. Denn nun wird es im Inneren von einer rostfreien Edelstahlstange getragen. Nach der Ansprache von Jutta Erb-Rogg schlingen die Mitarbeiter von Grapentin ein Seil um das Kreuz und schon schwebt es durch die Luft auf das Kirchendach – in weniger als zwei Minuten. Heute wird es noch einmal mit Terrakotta übermalt. Pünktlich zum Festwochenende – die Kirche wird 150 Jahre alt – ist diese nun wieder vollständig. Und Bauleiter Grapentin hat gleich noch ein Geschenk mitgebracht: Das Originalkreuz werde er kostenlos restaurieren, damit die Gemeinde es in ihrer Kirche ausstellen kann.
Ab morgen feiert die Gemeinde „150 Jahre Evangelische KIrche Bornstedt“: Um 20 Uhr hält Klaus Arlt einen Festvortrag über Potsdam vor 150 Jahren. Am Sonnabend wird um 14.30 Uhr im Pfarrhausgarten eine Kaffeetafel eröffnet, bis 16.30 Uhr gibt es Orgel- und Kirchenführungen. Eine Lesung und ein Konzert des Jungen Vocalensembles Potsdam finden zur „Nacht der offenen Kirchen“ ab 19 Uhr statt. Am Sonntag gibt es nach dem Gottesdienst um 10 Uhr um 11.30 Uhr ein Sektempfang.
Juliane Wedemeyer
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