Links und rechts der Langen Brücke: Regional planen!
Jan Brunzlow über die Bildungsinsel Potsdam und den neuen Schulentwicklungsplan, der den Status Quo feststellt, aber wenig Visionen bietet
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Die Potsdamer Schulverwaltung agiert wie ein Bäcker, der seine Preis- und Brotschilder nicht ans Regal tackert. Der Kunde kann raten, welches Brot im Regal liegt und was es kostet. So müssen Schüler, Eltern und Politiker künftig auch den Schulentwicklungsplan lesen. Eigentlich einem der wichtigsten Instrumente zur Gestaltung der Stadt- und Bildungslandschaft. Die Verwaltung hat nun den neuen Schulentwicklungsplan vorgelegt und damit eine seit langem geforderte Pflicht erfüllt. Bis dieses Jahr war der 2003 geschriebene Entwicklungsplan gültig, der nächste soll es bis 2015 sein und bietet Handlungsperspektiven bis zum Jahr 2021. Dem liegen Demografiedaten und Bevölkerungsstrukturen zugrunde. Eine Fleißarbeit. In der Potsdamer Alterspyramide der Bevölkerung gibt es – ähnlich wie in vielen anderen ostdeutschen Städten – drei starke Knicke: Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es weniger Neugeborene, mit der Einführung der Pille gab es weniger und nach den politischen Umbrüchen 1989. Dass nur wenige Nachwendekinder in die Schule kamen, führte in den vergangenen Jahren zu diversen Schulschließungen in Potsdam. Erst Ende der 90er Jahre stieg die Zahl der Geburten wieder deutlich an, die Zahl der Schüler nimmt also wieder zu. Neben dem natürlichen Wachstum der Stadt spielen die Kinder aus der Region eine Rolle, die täglich nach Potsdam pendeln, um eine der weiterführenden Schulen – ab Klasse 7 – zu besuchen. Etwa jeder dritte Schüler, der eine Gesamtschule oder ein Gymnasium in Potsdam besucht, kommt aus dem Umland. Umso unverständlicher ist es, dass die Schulplaner der Landeshauptstadt und des unmittelbaren Umlandes jeweils für sich mit dem Staatlichen Schulamt Brandenburg kooperieren, anstatt direkt mit den Nachbargemeinden und -städten. Eine regionale Schulplanung ohne geografische Grenzen wäre ein Ansatz – denn Bildung macht nicht an der Stadtgrenze Halt. Die Verzweiflung in der Mittelmark muss inzwischen so groß sein, dass Eltern ihre Kinder für ein Gymnasium in der Region Teltow anmelden, für das es bislang weder einen endgültigen Standort noch ein pädagogisches Konzept gibt. Auch in Potsdam werden die derzeit vorhandenen Kapazitäten an den Schulen in sechs Jahren nicht mehr ausreichen. Alte Schulstandorte müssen wieder eröffnet werden. So viel hat die Verwaltung gesagt. Sie sagt auch, dass sie Schulen mit Sekundarstufe II braucht, also den Weg zum Abitur. Doch auf welchem Weg? Dem über zwölf oder 13 Jahre? Ob die Schulen also Gesamtschulen werden sollen oder Gymnasien, verheimlicht die Verwaltung. Wie der Bäcker, der die Schilder am Brot vergisst. Wie jetzt also mit dem frisch gedruckten, aber unvollständigen Schriftstück umgehen? Die städtische Schulverwaltung hat ihren Gestaltungsspielraum nicht genutzt, wodurch die Entwicklung der Potsdamer Schullandschaft wieder zum Spielball der Kommunalpolitik werden könnte. Wieder werden Eltern und Politik allein gelassen bei der Frage, ja wie geht es eigentlich weiter. Der Plan stellt etwas fest, nicht mehr – eine Vision bietet er nicht.
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