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Von Jan Brunzlow: Reiche: CDU in zwei Jahren bei 20 Prozent

Kampf der Lager: Potsdams CDU zeigte beim Kreisparteitag ihr zerstrittenes Gesicht

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Babelsberg - Vor der Kamera lächelte Katherina Reiche, als hätte sie gerade mit deutlicher Mehrheit eine Wahl gewonnen. Bedenken, dass der Kreisverband zerstritten und sie geschwächt ist, wischt die Kreisvorsitzende weg. Alles wirkt, als hätte sie es im Griff, als sei die CDU Potsdam eine harmonisch auftretende Volkspartei. Ist die Kamera aus, wird die Bundestagsabgeordnete deutlicher, wirkt dünnhäutig und attackiert Journalisten für ihre Berichterstattung. Ihre Gegner werfen ihr Machtgeschacher, unabgestimmtes Verhalten und ihrem Umfeld Mobbing vor. Die Konsequenzen: Reiche geht in die Offensive und fordert Einigkeit ein. Denn sie sei nur so stark wie das schwächste Glied in der Kette. Wer das ist, lässt sie offen.

97 Mitglieder haben sich am Freitagabend im Hörsaal 1 des Hasso-Plattner-Institutes für die parlamentarische Staatssekretärin im Bundes-Umweltministerium ausgesprochen – von 188 gültigen Stimmen. 91 Stimmen bekam der Unternehmer Andreas Ehrl, der drei Tage vor dem Kreisparteitag seine Kandidatur bekannt gab. Reiche erhielt somit gerade einmal 51 Prozent und zwei Stimmen mehr als die nötige Mehrheit, was viele der CDU-Mitglieder an Adenauer erinnerte, der 1949 mit einer Stimme Mehrheit Bundeskanzler wurde und anschließend keinen Zweifel an seiner Mehrheit gelassen hatte. Doch wurde der von seinem politischen Gegner boykottiert, während Reiches Gegner in den eigenen Reihen zu finden sind.

Die CDU-Oberbürgermeisterkandidatin Barbara Richstein hielt am Freitagabend ein Grußwort der besonderen Art: Einen offiziellen Teil mit netten Grüßen des Landesverbandes und ein privates Statement. Sie habe den Kreisverband kennengelernt, sagte Richstein. „Statt die ganze Kraft in die Arbeit der Partei zu stecken gibt es einige, die ihre Energie nutzen, um zu meckern, zu intrigieren und zu spalten“, sagte Richstein. „Das ist hier keine Daily Soap. Es ist politisches Tagesgeschäft.“ Und: „Sie können einen neuen Vorsitzenden wählen, doch es wird sich nichts ändern“, so Richstein. Damit sprach sie der CDU Potsdam die Fähigkeit der Teamarbeit und Geschlossenheit ab, egal ob Reiche oder Ehrl ihm vorsitzen. Der Potsdamer CDU-Fraktionschef Michael Schröder erklärte, „es ist bezeichnend für diesen Kreisverband. Egal, was sie tun, sie werden immer in ein Lager gedrängt“. Für Reiche oder gegen Reiche. Doch wer drängt? Einige sagen, es sei Reiche mit ihrem Mann Sven Petke und dem Landtagsabgeordneten Steeven Bretz. Andere meinen, es seien beispielsweise der Babelsberger Ortsverbands-Chef Hans-Wilhelm Dünn, Schröder selbst und Frauen wie Maike Dencker. Die hat am Freitag ihre Konsequenz gezogen, Mobbingvorwürfe gegen Reiche und ihre Anhänger geäußert und ist von der Kandidatur zum Kreisvorstand zurückgetreten. Als Vorsitzende des Ortsverbandes Potsdam-West/Brandenburger Vorstadt wurde sie jedoch wiedergewählt. Der Druck auf sie war groß, diverse SMS mit unschönem Inhalt hat sie zuletzt von einem Mitglied erhalten, zudem hatte es Rücktritte im Ortsverbandsvorstand gegeben. Reiche sagte, der Ortsverband zerlegt sich.

Der frühere Kreisvorsitzende Wieland Niekisch nannte die Zustände in der CDU einst bürgerkriegsähnlich. Er kennt die Maschinerie. Unter seiner Führung hatten die Mitglieder diesen Ortsverband gegründet und dafür Mitte der 1990er Jahre den gemeinsamen Kreisverband mit Potsdam-Mittelmark verlassen. Bis heute scheint es die Gräben zu geben, die damals aufgebrochen worden sind. Reiche will ihren Weg fortsetzen und hat einen Zehn-Punkte-Plan vorgeschlagen, um die Partei zu einen und bei der nächsten Kommunalwahl 2013 auf 20 Prozent zu bringen. Dazu zählt in Zusammenarbeit mit der Adenauer-Stiftung eine Seminarreihe „Anforderungen an Potsdam im kommenden Jahrzehnt“, regelmäßige Kreisverbandskonferenzen, bessere Verzahnung der Arbeit von Kreisvorstand und Fraktion, der Kreisvorstand wird Orts- und Stadtteile besuchen und die Arbeitskreise sollen überprüft und erweitert werden.

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