Landeshauptstadt: Reichtum für Unternehmer
Schultheiß gegen Scharfenberg? Der Verband der mittelständischen Wirtschaft lud zur Selbstdarstellung
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Diskutiert werden sollte über den Wahlslogan „Reichtum für alle“. Gregor Gysi habe damit provozieren wollen. Stadtfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg gestand jedoch ein, „Wohlstand für alle“ wäre ihm lieber gewesen. Für seinen Podiums-Kontrahent Peter Schultheiß (CDU) war die Parole dagegen „Bauernfängerei“.
Der Regionalverband der Mittelständischen Wirtschaft hatte am Donnerstagabend zum Unternehmertreffen in das Café am Holländischen Viertel, Leiblstraße 12, geladen. Schnell machte Geschäftsführers Rainer Raddatz deutlich: Um alle geht es gar nicht, sondern um die Unternehmer, die armen. Natürlich bedarf dies eines dialektischen Spiels über die Bande. Also: Allen geht es gut, wenn es den Unternehmern gut geht. Oder: Reich ist der, der Arbeit hat. Und wer gibt Arbeit? Der Unternehmer. Dem allerdings geht es nicht so gut, insbesondere, wenn er ein Potsdamer ist. So kam es, wie es kommen musste: Raddatz erging sich in einer Jammer-Suada zum Steinerweichen: Schlimm sei es, dass Unternehmer in Potsdam nicht kostenlos parken können, schlimm, dass sie Gewerbesteuer zahlen müssen und dass es im Klinikum keine Extra-Sprechstunden für Unternehmer gibt. Raddatz: Es müsste bei der Stadt so etwa Ähnliches wie ein Bürgerbüro für Unternehmer geben, es müsste überhaupt einen Ansprechpartner bei der Stadt geben
Der als Podiumsgast gelegentlich zu Wort kommende Schultheiß hielt vorsichtig entgegen, dass der Chef der städtischen Wirtschaftsförderung, Stefan Frerichs, genau den Anspruch habe, so ein Ansprechpartner zu sein. Für kurzes Schweigen sorgte Raddatz, als er monierte, es sei schwierig, die Chefs wissenschaftlicher Institute oder großer Firmen in Potsdam dazu zu bewegen, in seinen Verband einzutreten. Diese würden oft nur englisch sprechen, er könnte dagegen russisch Der zu keinem Zeitpunkt amüsiert wirkende Schultheiß sah sich daraufhin zu der Erklärung genötigt, jeder, der von wo auch immer nach Potsdam komme, werde unterstützt – „ohne jedes Vorurteil“.
Und Scharfenberg? Der gab sich, als hätte er Kreide gefressen. Freilich, als die darbenden Unternehmer den sozialschwachen Schülern auch noch das kostenlose Schulessen zugunsten einer besseren Unternehmerförderung vom Tisch zerren wollten, biss er kurz zu: Das kostenlose Schulessen, „das müssen wir einfach leisten!“ Aber sonst, harmoniesüchtig wie ein Sozialdemokrat. Und wer denkt, dass die SPD/Linke-Koalition im Land schon das Ende der Fahnenstange ist, der muss sich diesen Scharfenberg-Satz zur Frage einer besseren Wirtschaftsförderung auf der Zunge zergehen lassen: „Vielleicht können wir uns da mal zusammenschmeißen, Herr Schultheiß?“ Guido Berg
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